Kinder und Jugendliche verbringen weniger Zeit in der Natur und erfüllen selten die WHO Empfehlungen zur körperlichen Aktivität– die zunehmende Versiegelung von Grünflächen rund um wachsende Großstädte trägt zur Verschlechterung der Situation bei. In München setzt sich die Professur für Sport- und Gesundheitsdidaktik in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) aktiv für die Förderung von Bewegungsangeboten und der "Walkability", der Fußgänger- und Bewegungsfreundlichkeit für Kinder und Jugendliche, ein. WALKI-MUC untersucht gezielt die Situation in verschiedenen Stadtvierteln der bayerischen Landeshauptstadt, mit dem Ziel, die subjektive Wahrnehmung der dort lebenden jungen Menschen in Bezug auf Bewegungsorte sowie ihre natürliche und gebaute Wohnumgebung zu erfassen, zu beschreiben und zu bewerten, um konkrete Lösungsansätze zu entwickeln.
Am Montag, den 12. Juni 2023, fand im Kleinen Saal des EineWeltHauses ein Treffen zwischen Vertreter*innen unserer Professur, des StMGP sowie den Bildungslokalmanger*innen aus dem Fachbereich Bildung im Quartier (Referat für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München) statt, um die Ergebnisse aus WALKI-MUC zu diskutieren. Insbesondere wurden die Ergebnisse die stadtteilspezifischen Ergebnisse aus den Stadtbezirken Neuaubing/Westkreuz, Berg am Laim, Giesing und Riem vorgestellt.
Die Bildungslokalmanager*innen hatten sich im Vorfeld der Gruppendiskussion auf diese vorbereitet, indem sie analog zu den Fotospaziergängen der Kinder und Jugendlichen einige Fotos von bewegungsfreundlichen Orten in ihren Stadtvierteln machten oder überlegten, welche Orte in ihrem Stadtviertel bewegungsfreundlich sind. Die Diskussion konzentrierte sich auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Perspektive der Erwachsenen und der Kinder aus dem WALKI-MUC-Projekt. Es wurde deutlich, dass Jugendliche und Kinder entgegen der Erwartungen der Erwachsenen Orte bevorzugen, an denen sie sich gleichzeitig, aber räumlich voneinander getrennt aufhalten können. Dies ermöglicht es beispielsweise älteren Geschwistern, auf die jüngeren aufzupassen, während sie gleichzeitig Zeit mit Gleichaltrigen verbringen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass viele Aspekte (z.B. Wasserspender oder sanitäre Anlagen) für Erwachsene wichtige Themen sind, jedoch von den Kindern und Jugendlichen in den Untersuchungen kaum genannt wurden. Außerdem wurde besprochen, wie ein bewegungsfreundlicher Ort für jugendliche Mädchen, insbesondere solche mit Migrationshintergrund, gestaltet werden könnte, da diese Zielgruppe schwierig zu erreichen ist. Ein Thema hierbei war auch, wie verschiedene Akteure in die Gestaltung und Planung eines solchen Orts miteinbezogen werden können.
So stellte sich zum Beispiel heraus, dass in Berg am Laim an der U-Bahn-Haltestelle Josephsburg aktuell eine Initiative zur Schaffung eines Jugendlichenorts gestartet wird. Die REGSAM (Regionale Netzwerke für Soziale Arbeit in München) eröffnet in Zusammenarbeit mit dem Bezirksausschuss und dem Facharbeitskreis Jugend einen Container als Treffpunkt für Jugendliche. Der Stadtteil verfügt über viele Grünflächen und verschiedene Bewegungsmöglichkeiten, die gut zu Fuß voneinander erreichbar sind. Dennoch scheinen die großen und breiten Straßen den Eindruck von Weitläufigkeit zu vermitteln, wodurch sich die Jugendlichen auf ihren eigenen Bereich in ihrem Sprengel beschränken.
In Riem hat sich bestätigt, dass öffentlich zugängliche Sportplätze (v.a. Fußballplätze) rar sind, weshalb sich die Jugendlichen selbst Zugang z. B. auf das private Schul- oder Vereinsgelände verschaffen. Die langen, geraden Straßen in Riem lassen die Wege trotz ihrer fußläufigen Erreichbarkeit länger erscheinen. Ein großes Thema dieser Diskussion war der Mangel an Schatten in Messestadt Riem, da die Wege und Straßen kaum begrünt sind und nur wenige Bäume Schutz bieten. Dies deckt sich mit dem WALKI-MUC-Ergebnis, dass Jugendliche besonders dort den Schutz vor Sonneneinstrahlung an Spiel- und Sportplätzen als wichtig erachteten.
Das WALKI-MUC-Projekt zeigt, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und städtischen Einrichtungen ist, um Bewegungsangebote für Kinder und Jugendliche zu schaffen und ihre Stadtviertel bewegungsfreundlicher zu gestalten. Nur durch eine gemeinsame Anstrengung von Politik, städtischen Einrichtungen, Bildungseinrichtungen und der Forschung kann ein bewegungsförderndes Umfeld für Kinder und Jugendliche in München geschaffen werden.
Hier geht es zum Bericht des Treffens unserer Professur mit dem StMGP an einem besonders bewegungsfreundlichen Ort der Studie, dem "Affenspielplatz".