Die Prognose kombiniert dabei mehrere statistische Modelle für die Spielstärken der Teams mit Informationen über die Team-Struktur (etwa Marktwert, Anzahl Champions-League-Spieler, Vereinsspiele-Performance einzelner Spieler) sowie sozioökonomische Faktoren des Herkunftslandes (Bevölkerung und Bruttoinlandsprodukt).
Mit zufällig durch das Modell erzeugten Spielergebnissen wurde die gesamte Europameisterschaft 100.000-mal durchsimuliert, und zwar Spiel für Spiel, der Turnierauslosung und allen UEFA-Regeln folgend. Damit ergeben sich Wahrscheinlichkeiten für das Weiterkommen aller Teams in den einzelnen Turnierrunden und letztendlich für den EM-Sieg. Favorit ist diesmal Frankreich mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 14,8 Prozent, gefolgt von England (13,5) und Spanien (12,3). Das Turnier ist natürlich dennoch nicht gelaufen – das zeigen auch die relativ knappen Abstände bei den Gewinnwahrscheinlichkeiten an der Spitze, außerdem natürlich die ohnehin niedrige Wahrscheinlichkeit selbst der Top-Nationen.
Bisher waren die Prognosen aber durchaus erfolgreich: Das Innsbrucker Modell von Achim Zeileis, das auf bereinigten Quoten der Wettanbieter basiert, konnte unter anderem bereits 2008 das EURO-Finale sowie 2010 und 2012 Welt- und Europameister Spanien richtig vorhersehen. Dieses Jahr wird es als Teil des umfassenderen kombinierten Modells eingesetzt, das von den Teams um Gunther Schauberger (TU München), Andreas Groll (TU Dortmund) und Christophe Ley (Universität Gent) entwickelt wurde und das bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 sogar die Prognosegüte der Wettanbieter übertroffen hatte.
„Ich bin seit 2014 in diese Simulierungen vor großen Turnieren wie der Europa- oder Weltmeisterschaft der Herren oder auch der Frauen-Weltmeisterschaft 2019 involviert“, erklärt Dr. Schauberger. „Wir haben uns im Laufe der Zeit auf der statistischen Seite stetig verbessert und konnten immer mehr neue Informationen und Methoden hinzufügen.“
In der deutschen Gruppe sieht die Prognose sowohl für Deutschland als auch Portugal eine Wahrscheinlichkeit von 85,3 Prozent, es ins Achtelfinale zu schaffen. Für Frankreich liegt diese Wahrscheinlichkeit etwas höher bei 89,7 Prozent. Dass Deutschland Europameister wird, ist mit 10,1 Prozent Wahrscheinlichkeit deutlich unter den Werten der Favoriten und gleichauf mit Portugal.
„Basierend auf den soliden statistischen Modellierungen wird es wirklich sehr spannend zu sehen, ob die Prognosen so eintreffen und wie die EM 2020 am Ende ausgeht“, so Prof. Klug. „Ich hoffe natürlich, dass sich die Statistik irrt und Deutschland Europameister wird!“