Vor allem in Zeiten der COVID-19-Pandemie bekommt ein Projekt der Professur für Sport- und Gesundheitsdidaktik von Prof. Dr. Filip Mess große Aufmerksamkeit: der Draußenunterricht. In Kooperation mit dem Anna-Essinger-Gymnasium in Ulm erforschen seit Mitte 2019 Dr. Christoph Mall und Jan Ellinger, wissenschaftliche Mitarbeiter bei Prof. Mess, die Implementierung und Auswirkungen eines Outdoor-Unterrichtskonzepts auf verschiedene Parameter der Schüler_innen. Die Zeitschrift „DER SPIEGEL“ und das Internet-Portal „FOCUS Online“ berichten jetzt über das Projekt, das den Titel „Lernen in der Natur – Aspekte der physischen und psychischen Gesundheit, der Lernmotivation, der Lernleistung sowie des Naturbezugs im regelmäßigen Draußenunterricht“ trägt.
Die Klasse 5g des Ulmer Gymnasiums ist eine Outdoor-Klasse, die jeden Donnerstag unter Aufsicht von zwei Lehrer_innen im Wald unterrichtet wird. In Doppelstunden standen im ersten Halbjahr Deutsch und Biologie und im zweiten Halbjahr Mathematik und Geographie auf dem Stundenplan. Gerade in Pandemie-Zeiten könnte dieses Modell Schule machen. Laut wissenschaftlichen Studien ist das Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, im Freien geringer als in geschlossenen Räumen. Vor allem in nordischen Ländern wie Norwegen oder Dänemark empfiehlt das Kultusministerium aufgrund der COVID-19-Pandemie, den Schulunterricht soweit möglich ins Freie zu verlegen.
In einem Pilotprojekt mit einem Heidelberger Gymnasium hat die Professur für Sport- und Gesundheitsdidaktik bereits herausgefunden, dass die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol einem natürlicheren Rhythmus folgt, wenn Schüler im Freien sind. „Wir wissen aus anderen Studien, dass die Schule für Jugendliche der Stressfaktor Nummer eins ist“, erklärt Jan Ellinger gegenüber „FOCUS Online“. Zudem habe es Hinweise gegeben, dass die intrinsische Lernmotivation im Wald größer sei.
„Bei unseren Untersuchungen zum Draußenunterricht an Schulen in Ulm und Heidelberg haben wir festgestellt, dass sich zumindest ausgewählte Inhalte an der frischen Luft genauso gut vermitteln lassen wie drinnen“, berichtet Dr. Christoph Mall im Interview mit dem „SPIEGEL“. „Die Fünftklässler haben mit ihren Lehrerinnen und Lehrern richtige Waldklassenzimmer gebaut. Und sie bewegen sich deutlich mehr als im herkömmlichen Schulalltag, was wir mit Schrittzählern zeigen konnten. Allein dieser Effekt ist ein Gewinn in Zeiten, in denen immer mehr Kinder mit Übergewicht und motorischen Defiziten kämpfen.“
Sind diese Outdoor-Klassen vielleicht auch die Lösung, um erneute Schulschließungen bei einer möglichen zweiten Coronavirus-Welle zu verhindern? „Es ist bestimmt nicht die einzige Lösung“, so der promovierte Sportwissenschaftler Mall. „Das subjektive Sicherheitsgefühl hinsichtlich der Infektionsgefahr ist aber bei Lehrkräften, die im Moment Draußenunterricht betreiben, tatsächlich höher, das haben wir in einer Umfrage erhoben. Soweit sie organisatorisch aktuell nach draußen können, machen die Schulen, die schon Erfahrungen mit Draußenunterricht haben, in der aktuellen Situation jetzt vor den Ferien damit auch weiter. Natürlich mit entsprechenden Anpassungen wie Abstandsregeln.“
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Kontakt:
Dr. Christoph Mall
Professur für Sport- und Gesundheitsdidaktik
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24970
E-Mail: Christoph.Mall(at)tum.de
Jan Ellinger
Professur für Sport- und Gesundheitsdidaktik
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24794
E-Mail: Jan.Ellinger(at)tum.de
Text: Romy Schwaiger
Fotos: Christian Rettich/privat