Mit von der Partie waren die Gesellschaft für Pädiatrische Sportmedizin (GPS), der Lehrstuhl für Sport und Gesundheitsförderung (LSG; Fakultät für Sport und Gesundheitswissenschaft; Technische Universität München) und das Deutsche Herzzentrum München (DHM). Wie jedes Jahr, so diente auch die diesjährige Tagung dem Austausch von Erfahrungen auf dem Gebiet der Pädiatrischen Sportmedizin. Entsprechend breit war die Palette der Themen: Aktuellste wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Bereichen Sportmedizin, Ernährung, Pharmakologie und Psychologie standen dabei ebenso im Mittelpunkt wie die anschauliche Darstellung konkreter Projekte, mit denen diese Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt werden.Die Begrüßung durch den Ärztlichen Direktor des Deutschen Herzzentrums München, Prof. Dr. John Hess, den Dekan der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaft, Prof. Dr. Jürgen Beckmann und den 1. Vorsitzenden der Gesellschaft für Pädiatrische Sportmedizin, Prof. Dr. Helge Hebestreit, stimmte die Teilnehmer aus den unterschiedlichen Blickwinkeln von Kinderkardiologie, Psychologie und Sportmedizin auf das Tagungsthema ein. Schon diese Einstimmung ließ erahnen, wie vielschichtig und komplex sich die pädiatrische Sportmedizin aktuell gestaltet. Anschließend eröffnete die Tagungspräsidentin Prof. Dr. Renate Oberhoffer (LSG) mit ihrem Vortrag „Prävention von Zivilisationserkrankungen durch Sport im Kindes- und Jugendalter“ die erste Session und bereitete damit den Boden für den Leiter der Gesundheitsförderung der AOK Bayern, Otto Gieseke, dessen Vortrag sich um die Bedeutung der Settings Kita und Schule in der Gesundheitsförderung für Kinder drehte.
Danach kam Bewegung ins Auditorium, denn die Teilnehmer hatten Gelegenheit, sich in entsprechenden Workshops ganz praxisnah mit aktuellen kardiologischen Untersuchungstechniken in der Sportpädiatrie (Leitung: PD: Dr. Manfred Vogt, DHM) vertraut zu machen, beim „Tag des Cholesterins für Kinder“ (Leitung: Dr. Heike Kantner, Prof. Dr. Detlef Kunze, Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen) auch die eigenen Blutfettwerte ermitteln zu lassen und Nachwuchsfussballer der Spielvereinigung Unterhaching live bei motorischen Tests zu beobachten (Leitung: Dr. Thorsten Schulz, LSG). Eine wissenschaftlich fundierte Gesundheitsförderung und Prävention unter Erhebung medizinischer, sportwissenschaftlicher und ernährungsphysiologischer Parameter soll Gegenstand einer zukünftig intensiveren Zusammenarbeit zwischen der SpVgg Unterhaching und dem LSG sein.
Zum Ausklang des ersten Kongresstages bot sich beim Come Together im Lichthof des Deutschen Herzzentrums die willkommene Gelegenheit für anregende interdisziplinäre Gespräche.
Am Samstagmorgen war der Hörsaal bereits um 9 Uhr gut gefüllt – kein Wunder, ging es doch um das „schwierige“ Thema Ernährung. Den derzeitigen Status quo im Kindesalter präsentierte Dr. Gert Mensink vom Robert-Koch-Institut in Berlin in Form der Ergebnisse der EsKiMo-Studie. Demnach essen Kinder und Jugendliche zu wenig pflanzliche Lebensmittel: insbesondere Gemüse, Obst, Kartoffeln und Brot, aber zu viele fettreiche, tierische Lebensmittel (Fleisch und Wurst) und deutlich zu viele Süßigkeiten.
Der Frage, wie Ernährungserziehung im Kindesalter gestaltet werden sollte, damit sie produktiv und nicht – wie im Vortrag anschaulich demonstriert – kontraproduktiv wirkt, ging PD Dr. Thomas Ellrott (Institut für Ernährungspsychologie, Georg-August-Universität Göttingen) in seinem Vortrag nach. Dabei war beispielsweise zu erfahren, dass Kinder das Attribut „gesund“ bei Lebensmitteln mit Zwang, Bevormundung und „schmeckt mir nicht“ assoziieren und dass das wichtigste Lernprinzip für Kinder das Beobachtungslernen anhand von Vorbildern ist.
Erfahrungen aus der Praxis steuerte Agnes Streber vom Ernährungsinstitut KinderLeicht in München bei. Seit über 10 Jahren leitet sie das Institut und das von ihr entwickelte gleichnamige Abnehmprogramm, das einen ganzheitlichen, psychologisch fundierten, evaluierten Ansatz zur Gewichtsregulierung verfolgt. Die Quintessenz ihres Vortrags vermittelte sie den Zuhörern live mit einer kleinen Zauberei, bei der ein erst zerschnittenes und dann doch wieder intaktes Seil mit verschiebbarem Knoten die Hauptrolle spielte.
Ein thematisches Kontrastprogramm dazu stellte der Vortrag von Dr. Claudia Osterkamp-Baerens (Olympiastützpunkt Bayern, Ernährungsberatung) dar. Nicht Übergewicht und Bewegungsarmut, sondern die besonderen Anforderungen des Leistungssports bestimmen die Zusammensetzung der Ernährung. In jedem Einzelfall und abhängig von der Trainings- bzw. Wettkampfphase muss entschieden werden, wie die Ernährung auszusehen hat. Dabei spielt die Erfahrung der/des Beratenden eine wesentliche Rolle, denn Empfehlungen aus der Literatur beziehen sich in der Regel auf erwachsene Leistungssportler.
Die darauf folgenden fünf Kurzbeiträge befassten sich mit den Ergebnissen konkreter Projekte zu Stoffwechseleinstellung und kardiovaskulärem Risikoprofil von Kindern mit Typ 1-Diabetes mellitus (Antje Herbst), zu den Effekten eines bewegungsbasierten Interventionsprogramms auf die motorische Leistungsfähigkeit von Kindergartenkindern (Kristina Roth) und zu den positiven Auswirkungen eines Motoriktrainings bei Kindern mit angeborenen Herzfehlern (Jan Müller). Andrea Horn präsentierte eine gemeinsame wissenschaftliche Standortbestimmung von BISp (Bundesinstitut für Sportwissenschaft), dvs (Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft), DGSP (Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention) und GPS zum Krafttraining im Leistungssport; Freia de Bock berichtete über die Validierung der Vorhersage des aktivitätsbezogenen Energieverbrauchs bei Vorschulkindern.
Nach derart vielen fundierten Informationen war es wieder Zeit für Bewegung: Im Lichthof des Deutschen Herzzentrums führte der Posterwalk und -talk unter Leitung von Dr. Holger Förster (2. Vorsitzender der GPS) vorbei an sieben eingereichten Postern.
Der Samstagnachmittag stand zunächst ganz im Zeichen von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln. Herbert Heuberger (MSD Sharp & Dohme GmbH) erläuterte die Anforderungen, die an ein Arzneimittel gestellt werden, das zur Anwendung im Kindesalter zugelassen werden soll.
Dr. Thorsten Schulz (LSG) widmete sich dem Konsum von Nahrungsergänzungsmitteln. Dabei wurde deutlich, dass ihr Einsatz bei Mangelerscheinungen und erhöhtem Bedarf durchaus sinnvoll sein kann, sie jedoch viel zu häufig als Alternative zu gesunder Ernährung eingesetzt werden. Die Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln in Form von Pulvern und Kapseln kann die Hemmschwelle dafür senken, auch zum Zwecke der Leistungssteigerung zu verbotenen Substanzen zu greifen. Daher ist eine ganzheitlich angelegte Dopingprävention bereits für Kinder und Jugendliche notwendig, erläuterte Dr. Christiane Peters (LSG) in ihrem Vortrag.
Der zweite Block von Kurzvorträgen schilderte wieder praxisrelevante Ergebnisse, diesmal aus der Adipositas-Therapie. Die Vorträge von Benjamin Koch, Ulrike Hegar, Julia Schöner und Christiane Kallweit befassten sich mit den Ergebnissen unterschiedlichster Interventionen (Adipositasschulung, Ernährungsberatung, Bewegungsförderung bzw. deren Kombinationen).
Konkrete praktische Erfahrungen mit der mediterranen Küche konnten die Teilnehmer beim gemeinsamen Abendessen sammeln und gleichzeitig die tagsüber gewonnenen Erkenntnisse in lockerer Atmosphäre Revue passieren lassen.
Auch das Programm am Sonntagmorgen war sichtlich dazu geeignet, zahlreiche Zuhörer anzulocken. Unter der Überschrift „Zivilisationsschäden – Wiege in der Kindheit“ ging es um die Themen „Haltungsschäden und Fehlstellungen im Kindes- und Jugendalter“ (Prof. Dr. Renée Lampe, Integrationszentrum für Cerebralparesen, Technische Universität München), „Diabetes und Sport“ (Prof. Dr. Karl Ottfried Schwab, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Freiburg) und „Hypertonie und Sport“ (Dr. Martin Hulpke-Wette (Kinder- und Jugendmediziner, Göttingen). Dabei wurde deutlich, dass medizinische Basisdaten für Kinder unter sportlicher Belastung fehlen und eine wissenschaftliche Bearbeitung dieser Problematik dringend notwendig erscheint.
Wie schon gewohnt, folgte der Theorie die Darstellung der Praxis, konkret von vier Projekten, die Kinder und Jugendliche ganz unterschiedlicher Zielgruppen zum Mitmachen animieren sollen. Erhard Nessler vom Nymphenburger Gymnasium in München stellte den Gesundheitsclub Nymphenburger Schulen vor, der nicht nur Schülern, Eltern und Ehemaligen Trainingsmöglichkeiten bietet, sondern auch interessierte Schüler nach einer entsprechenden Ausbildung Erfahrungen in der Trainertätigkeit sammeln lässt. Birgit Böhm und Nicola Reiner (LSG) berichteten von der Aktion KidsTUMove. In diesem Projekt wurden herzkranke und übergewichtige bzw. adipöse Kinder bereits stationär frühzeitig mobilisiert und mit geeigneten Bewegungsprogrammen im Klinikalltag zur Bewegung motiviert.
Dr. Martin Schönfelder (LSG) stellte die Ergebnisse neuroendokriner und kardiologischer Untersuchungen im Vorfeld und am Wettkampftag des TUM Triathlons vor und belegte damit das komplexe Anforderungsprofil eines Triathlons für Kinder.
Den Abschluss dieser Session bildete die Vorstellung des Projektes „Komm in das gesunde Boot“ durch Dr. Benjamin Koch (Abt. Sport- und Rehabilitationsmedizin, Universitätsklinikum Ulm). Diese Intervention in der Schule bezieht sowohl die Eltern als auch die Lehrer als Multiplikatoren eng mit in das Konzept ein. Ziel dabei ist der Aufbau von Kompetenzen für einen gesunden Lebensstil bereits in jungen Jahren.
Als „Krönung“ der Abschlussdiskussion wurde die diesjährige Preisträgerin unter den Kurzvorträgen ausgelobt, Ulrike Hegar mit dem Thema „Auswirkungen von Ernährungsberatung und Bewegungsförderung auf verschiedene entwicklungsrelevante Parameter bei übergewichtigen und adipösen Kindern“.
Die Abstracts der gehaltenen Vorträge und der eingereichten Poster werden demnächst veröffentlicht werden.
Ein herzlicher Dank richtet sich an die Sponsoren, die es ermöglicht haben, die Tagung in dieser Form auszurichten (Reihenfolge alphabetisch): Aloka GmbH, Alzchem (Creapure), Black Bear, B. Braun Stiftung, Ganshorn medical & Achard GbR, Nintendo of Europe GmbH, PTS / Uebe, Toshiba medical Systems GmbH Deutschland
Nächstes Jahr wird die 12. Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Sportmedizin in Innsbruck stattfinden.