Christoph Landsgesell, Chefredakteur der deutschen Ausgabe des US-amerikanischen Magazins Sports Illustrated, war am 15. Dezember 2022 für einen Gastvortrag zum Thema „Sports Illustrated – auch ein Erfolg in Deutschland?“ zu Besuch. Im Gespräch mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Romy Schwaiger ging es vor allem um seine Arbeit als Chefredakteur, darüber hinaus jedoch auch um Themen wie den Mangel an global bekannten Sportlerinnen aus Deutschland und das Anforderungsprofil angehender Journalist_innen.
Landsgesells Weg in die Branche verlief nicht über den klassischen Weg der Journalistenschule, sondern über ein abgebrochenes Politikstudium und darauffolgende Praktika bei der Allgäuer Zeitung, Augsburger Allgemeinen und der Abendzeitung. Bei Letzterer absolvierte er im Anschluss ein zweijähriges Volontariat, bei welchem er seine „Liebe für den Journalismus“ entwickelte. Nachdem er innerhalb der Abendzeitung diverse Positionen durchlief und zwischenzeitlich bei der Zeitschrift GQ als Textchef arbeitete, führte Landsgesells Weg im September 2021 schließlich als Chefredakteur zu Sports Illustrated.
Das US-amerikanische Kult-Magazin wurde im Dezember 2021 zum ersten Mal an den deutschen Kiosken zum Verkauf gebracht und konnte sich seitdem auf dem deutschen Markt etablieren. Landsgesell beschrieb Sports Illustrated als „Zeitschrift mit personenbezogenen Artikeln aus einer großen Vielfalt von Sportarten“. Während sich Konkurrenten wie Sport Bild oder kicker eher auf aktuelle Geschehnisse fokussieren, will Landsgesell seinen Leser_innen langanhaltende und „zeitlose“ Berichterstattung mit viel Hintergrundrecherche bieten. Dieses Konzept scheint in Deutschland Anklang zu finden – nach nur knapp einem Jahr auf dem Markt wird ab die 2023 die Erscheinungsfrequenz von bislang vier auf sechs Ausgaben pro Jahr erhöht. Trotz des laut Landsgesell nur sechsköpfigen Kern-Teams macht sich Sports Illustrated also langsam, aber sicher einen Namen im deutschsprachigen Raum und will in den nächsten Jahren weiter mit den „Big Playern“ konkurrieren.
Auf die Frage, welche Qualitäten angehende Sportjournalist_innen vorweisen sollten, antwortete Landsgesell realistisch: „Wenn man Journalist_in werden will, muss man Texte schreiben können.“ Darüber hinaus erklärte er jedoch auch, dass ein Großteil der journalistischen Arbeit aus Handwerk bestehe – „learning by doing“ lautete daher sein Appell an die Studierenden. Besonders gut kann man das seiner Meinung nach direkt bei Sports Illustrated erleben. Das Unternehmen freue sich auf die Unterstützung von jungen Praktikant_innen, welche sich jederzeit bei ihm bewerben könnten – journalistische Vorerfahrungen werden nicht benötigt.
Ein weiteres Thema, über welches diskutiert wurde, ist das derzeit noch etwas unausgeglichene Verhältnis zwischen Frauen und Männern, die in Sports Illustrated vertreten sind. „Mir fehlen im Moment die ganz großen weiblichen Stars in Deutschland. Ich hoffe, dass sich das bald wieder ändert“, so der Vater zweier Töchter.
Zum Schluss sprach Landsgesell noch über die Zusammenarbeit des deutschen Magazins mit der US-amerikanischen Redaktion. „Etwa 30 Prozent der Inhalte sind Übersetzungen aus dem US-Magazin. Das hilft uns natürlich enorm. Für uns wird es schwer, an ein Interview mit einem Sportler wie LeBron James zu kommen. Unseren US-Kollegen gelingt das aber – und davon profitieren wir sehr.“ Die Assoziierung mit der international bekannten Marke erleichtert laut Landsgesell die journalistische Arbeit stark: „Wenn man einem Manuel Neuer sagen kann, dass er auf dem Titelblatt der Sports Illustrated landet, nimmt er sich natürlich eher die Stunde für das Fotoshooting – das hat für die Sportler immer noch einen sehr hohen Stellenwert.“
Text & Fotos: Linus Wörgötter