Wenn Influencer Fußball-Vereine erschaffen. Elias Nerlich, einer der bekanntesten Contentcreator Deutschlands, hat dies im letzten Sommer gemacht und den Verein „Delay Sports“ gegründet. Der Amateurclub darf dank einer Sondergenehmigung in der Berliner Kreisliga C starten. Normalerweise muss ein Verein dafür drei Jahre ununterbrochen in einer Freizeitliga mitspielen. Doch das Konzept und die tausenden Fans am Wochenende ziehen.
Prof. Dr. Michael Schaffrath, Leiter des Arbeitsbereichs für Medien und Kommunikation, sieht die ausgestellte Sondergenehmigung des Berliner Fußball-Verbandes kritisch: „Was mache ich als Verband, wenn in Zukunft mehr solche Clubs in der Liga mitspielen wollen?“, fragt der habilitierte Kommunikationswissenschaftler in einem Beitrag der Stuttgarter Zeitung vom 17. Januar 2023. Zudem sehe er die soziale Komponente, dass viele ältere Menschen ihren lokalen Verein am Wochenende spielen sehen wollen. Dies falle weg, wenn andere Vereine die Liga verlassen müssten – ganz zu schweigen von den finanziellen Aspekten.
Dass insbesondere im Profi-Fußball das „Geld die Welt regiert“, ist schon lange bekannt und akzeptiert. Doch auch in den unteren Ligen fließt mittlerweile häufiger ein finanzieller Ausgleich für die (Amateur-)Sportler. Schaffrath sieht durch den Einstieg von Influencern im Fußball eine Wettbewerbsverzerrung für den Amateursport: „Durch die Sonderregelung wird der klassische sportliche Wettbewerb auf diesem Niveau außer Kraft gesetzt und konterkariert“.
So habe der Influencer-Club durch Nerlichs Reichweite – und womöglich finanzielle Mittel – andere Möglichkeiten als andere Kreisligisten. Delay Sports steht nach der Hinrunde und zwölf Siegen aus zwölf Spielen an der Tabellenspitze der Kreisliga C. „Es ist realistisch, dass Nerlich das von ihm angestrebte Ziel, fünfmal hintereinander in der Liga aufzusteigen, erreicht“, prophezeit Professor Schaffrath.
Schaffrath verweist dabei auch auf die Ex-Profis, die dem Team beigetreten sind, wie etwa Sidney Friede, früher bei Hertha BSC Berlin oder auch Kevin Pannewitz (ehemals Hansa Rostock und VfL Wolfsburg). Diese könnte nach Ansicht von Prof. Schaffrath jedoch auch eine Chance bieten: „Die Fans von Nerlich und Friede, hauptsächlich Jugendliche, können dazu animiert werden, nach draußen zu gehen, sich zu bewegen und im besten Fall selbst Fußball zu spielen.“ Ob diese Effekte aufgrund der Vorbildfunktion jedoch tatsächlich so auch eintreten und „in welcher Größenordnung das passiert, muss man abwarten“, so der Leiter des Arbeitsbereichs für Medien und Kommunikation.
Zum Artikel in der Stuttgarter Zeitung
Text: Bastian Daneyko
Fotos: Stuttgarter Zeitung/privat