Prof. Dr. Michael Schaffrath hat dem Tennis-Magazin in der aktuellen April-Ausgabe ein Interview zu Ursachen, Hintergründen und Folgen der Aufsplitterung von Tennis- Übertragungen im Fernsehen und in Streams gegeben.
Wenn man als Tennisfan alle Profimatches audiovisuell verfolgen will, dann braucht man dazu Abonnements von fünf Streamingdiensten und zahlt dafür rund 400 Euro pro Jahr. Für Prof. Schaffrath ist das die logische Konsequenz einer preistreibenden Entwicklung, die über Jahre zu immer kostspieligeren Übertragungslizenzgebühren geführt hat, die ein einzelner Sender allein nicht mehr finanzieren kann. Für den habilitierten Kommunikationswissenschaftler führt die fortschreitende „Fragmentierung des Sport-Bewegtbild-Marktes“ durch immer mehr Plattformen und Diensten zu einer weiteren „Segmentierung des Publikums“, was für die übertragenden Sender immer geringere Einschaltquoten und damit reduzierte Werbeerlöse bedeute.
Einen Tennis-Boom, wie er in den 80-iger Jahren von Boris Becker und Steffi Graf ausgelöst worden ist, wird es nach Auffassung des Leiters des Arbeitsbereichs für Medien und Kommunikation nie mehr geben. Selbst wenn Alexander Zverev und Angelique Kerber parallel und dann auch noch im Mixed-Doppel Wimbledon gewinnen würden, hätte das, so Schaffrath längst nicht mehr die nationale und auch internationale Breitenwirkung wie noch vor fast 40 Jahren. Und das habe auch mit den Veränderungen im Medienmarkt zu tun.
Schaffrath rät den Tennisverbänden, sich mit der einen oder anderen Regeländerung einmal näher zu beschäftigen. Unter dem Stichwort der „Medialisierung“, also der Anpassung einer Sportart an die Medienlogik und hier vor allem an die des Fernsehens, plädiert der Kommunikationswissenschaftler zunächst einmal die Spielzeiten zu überdenken. Herren-Matches über drei Gewinnsätze mit vier oder fünf Stunden Spieldauer hält Schaffrath für „schwer vermittelbar, weil wir mittlerweile in viel kürzeren Einheiten denken und leben. Alles, was wir erleben und tun, wird schneller und dynamischer.“ Und das mache auch vor dem Tennissport und seiner medialen Rezeption nicht halt, so Schaffrath.
Zur Ausgabe des tennis Magazin
Text: Bastian Daneyko
Bild: tennis MAGAZIN