"Das IOC jongliert bei all seinen Entscheidungen auf einem Ball und darf dabei nie die Balance verlieren", beschreibt Christian Klaue die komplexe und komplizierte Aufgabe des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Man müsse stets den Ausgleich und das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Nationen, den Sportverbänden und ihren Athleten wahren, was "nicht immer ganz so einfach ist".
Am 8. Mai 2017 besuchte der Head of Communications for German-speaking countries den Arbeitsbereich für Medien und Kommunikation im Rahmen des von Prof. Dr. Michael Schaffrath geleiteten Seminars "Sport-PR für Vereine, Verbände und Unternehmen". Klaue gab den mehr als 40 Studierenden einen profunden Einblick in seine Tätigkeit als Pressesprecher und erläuterte die IOC-Positionen zu kritischen Themen wie z.B. das Staatsdoping in Russland oder die Nicht-Teilnahme von IOC-Präsident Thomas Bach bei den Paralympics von Rio 2016.
Theorie und Praxis
Während seines Studiums zum Diplom-Sportwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Medien und Kommunikation an der Deutschen Sporthochschule Köln arbeitete Klaue bereits als Pressesprecher der Leichtathletik-Abteilung des TSV Bayer Leverkusen und zusätzlich als Reporter für leichtathletik.de. Von 2004 bis 2009 war er als Redakteur für den Sport-Informations-Dienst (SID) tätig. Er berichtete u.a. von den Olympischen Spielen in Turin 2006 und Peking 2008 sowie von verschiedenen Leichtathletik-Welt- und Europameisterschaften und außerdem von zahlreichen sportpolitischen Kongressen.
"Meine medialen Erfahrungen helfen mir heute, Journalisten und ihre Wünsche besser zu verstehen und einordnen zu können", meint Klaue. "Ich weiß, wie die andere Seite tickt." Den Seitenwechsel vom Journalismus zur Sport-PR vollzog Klaue dann zunächst in der Zeit zwischen 2009 und 2015 als Leiter des Ressorts Medien- und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und Sprecher der Deutschen Olympiamannschaft bei den Spielen in Vancouver (2010), London (2012) und Sotschi (2014).
Arbeit als IOC-Pressesprecher
Seit September 2015 ist Klaue für das IOC in Lausanne tätig - Umzug und Französisch-Kurs inbegriffen. In seiner Funktion als Sprecher für die deutschsprachigen Länder bildet er sozusagen eine "Ein-Mann-Abteilung" im vierköpfigen Sprecherbüro. Mit dem Präsidenten des IOC, Thomas Bach, arbeitet er eng zusammen. Er berät Bach in Medien- und PR-Fragen und begleitet ihn auf diversen Reisen. Bei Präsidiumssitzungen ist Klaue immer anwesend, damit er auch "über das Zustandekommen der Entscheidungen" informiert sei und somit die getroffenen Entscheidungen in der Öffentlichkeit auch seriös begründen könne.
Voraussetzungen für einen PR-Job
Wichtig für eine Tätigkeit in der PR-Branche ist, laut Klaue, dass man "offen für alles" sei und gewisse journalistische Erfahrungen mitbringe. Zusätzlich sei eine "hohe Belastbarkeit" unabdingbar. Der Job beim IOC sei eine "Rund-um-die-Uhr-Tätigkeit". "Wenn es brennt, muss gelöscht werden - egal um welche Uhrzeit", sagt Klaue. Als Pressesprecher des größten internationalen Sportverbandes der Welt gäbe es keinen Feierabend im klassischen Sinne. Man benötige zudem eine gewisse "emotionale Robustheit", um über persönliche Angriffe hinwegsehen zu können.
Umgang des IOC mit dem Doping in Russland
Zum Thema "Staatsdoping in Russland" und die öffentliche Kritik nach den Olympischen Spielen in Rio 2016, meint Klaue, dass das IOC gute Gründe hatte, nicht alle russischen Olympioniken zu sperren. Das IOC habe in diesem Fall die Kollektivstrafe abgelehnt, um den vielen ehrlichen Sportlern, die nicht dopen, die Chance auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen nicht zu nehmen. Klaue prognostiziert, dass das Thema Doping den Spitzensport auch in den nächsten Jahren weiter beschäftigen wird. Eine Freigabe von Doping, wie von einzelnen Studierenden als die "ehrlichere Umgangsform mit Doping" ins Spiel gebracht, lehnt Klaue kategorisch ab. "Doping wird man genauso wenig ausrotten, wie Steuerhinterziehung oder Alkohol am Steuer. Und trotzdem wird keiner auf die Idee kommen, dies zu legalisieren."
Olympische Spiele in Deutschland
Auf die Frage von Prof. Schaffrath, ob Deutschland überhaupt in den nächsten Jahrzehnten noch einmal Olympische Spiele bekommen könne, gibt sich Klaue zuversichtlich. "Ich gehe davon aus, dass Deutschland mit einer überzeugenden Bewerbung nochmals den Zuschlag erhält - irgendwann. Aber die jetzigen Studierenden werden es sicher noch erleben."
Text: Isabel Tannert
Fotos: Isabel Tannert