"Heute haben es Frauen im Fernsehsportjournalismus sicher leichter als früher", meint Julia Scharf zum Geschlechter-Verhältnis in den Medien, ergänzt aber: "Bei entsprechender Kompetenz und dem absoluten Willen, den Beruf als Sportjournalistin auch zu ergreifen, spielt das Geschlecht keine Rolle."
Im Rahmen der Vorlesung "Sportpublizistik" diskutierte die Moderatorin der ARD-Sportschau am 01.12.2015 mit Prof. Dr. Michael Schaffrath über Entwicklungen und aktuelle Trends im Sportjournalismus und stellte sich im Anschluss den Fragen der rund 100 Studierenden.
Karrierestationen
Julia Scharf absolvierte nach dem Abschluss des Diplomstudiengangs Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Medien und Kommunikation im Jahr 2006 ein Volontariat bei der Zeitungsgruppe Münchner Merkur/tz, ehe sie als Moderatorin und Fieldreporterin für Sport 1 tätig war. Seit 2011 moderiert sie verschiedene Magazinsendungen im SWR und ist als Reporterin und Interviewerin für die ARD im Einsatz u.a. im Wintersport. Die ARD-Sportschau am Samstag moderiert sie seit 2014. Ein solcher stringenter Lebenslauf deutet eine durchdachte und zielgerichtete Karriereplanung an. Doch Scharf gibt zu: "Als ich die ersten Schritte in den Sportjournalismus machte, hätte ich nie daran gedacht, dass ich einmal die Sportschau moderieren würde. Ein solches Ziel kann man sich, glaube ich, nicht wirklich stecken. Da muss man realistisch bleiben."
Tipps für Studierende
Ein abgeschlossenes Hochschulstudium ist mittlerweile für nahezu jede journalistische Berufstätigkeit Pflicht. "Ein Bachelor ist das Minimum!" Danach müsse man individuell entscheiden, ob ein Masterstudium noch Sinn mache. "Wenn man bereits viele Praktika absolviert hat und die Möglichkeit bekommt, als fester oder freier Mitarbeiter den Berufseinstieg zu schaffen, sollte man diese Chance nutzen", empfiehlt Scharf. Eines der wichtigsten Qualifikationskriterien im Sportjournalismus ist die Berufserfahrung, das gilt für Männer wie für Frauen. Ein breitgefächertes Wissen in verschiedenen Sportarten gehört für die 34-jährige natürlich auch dazu. Im Fernsehen spielt darüber hinaus die Optik eine gewisse Rolle. "Dieses Medium lebt von der Optik! Sie sollte nur nicht als wichtigstes Kriterium betrachtet werden."
Herausforderung Live-Interview
Die Frage aus dem Studierendenkreis, warum Interviews im Fernsehen oft eine doch eher geringe Aussagekraft hätten, beantwortet die Sportschau-Moderatorin mit dem Hinweis auf die Schwierigkeit der Situation. "Im Fußball beispielsweise hat man fast immer nur genau 90 Sekunden. Da bleibt keine Zeit für tiefgreifende Analysen. Außerdem antworten die Spieler oft sehr schablonenhaft." Bei Interviews müsse man zudem immer bedenken, dass es nicht das letzte Gespräch mit dem Athleten vor der Kamera sein soll. Daher sind die Grenzen für kritische Nachfragen sehr eng - besonders im Fußball.
Text: Sebastian Liebrandt
Fotos: Marie-Sophie Giebel