Die promovierte Sportjournalistin Dr. Hanna Raif, Sportredakteurin des Münchener Merkur, besuchte am 8. November 2022 den Arbeitsbereich für Medien und Kommunikation. Dabei stellte sie sich den Fragen von 50 Studierenden des Seminars „Sportkommunikation und Sportsponsoring“. Unter der Moderation von Prof. Dr. Michael Schaffrath, Leiter des Arbeitsbereichs, sprach Raif während der Veranstaltung über ihren Berufsalltag, die Einstiegsmöglichkeiten im Sportjournalismus und ihre Erfahrungen als Frau in der Printmedienbranche, in der sie unter anderem als Reporterin für den FC Bayern München zuständig ist.
An der TU München kennt sich Dr. Raif bestens aus. Hier begann ihre Laufbahn mit dem Diplomstudium der Sportwissenschaften und dem Schwerpunkt „Sport, Medien und Kommunikation“. Anschließend verfasste sie ihre Doktorarbeit zu dem Thema „Qualität im Sportjournalismus“. Die Zeit an der Universität war bedeutsam für die berufliche Entwicklung, da „der Einstieg über die Kontakte, die damals im Studiengang zustande gekommen sind, enorm erleichtert wurde“, erklärte Raif den interessierten Studierenden. Ein Doktortitel sei für den Beruf zwar nicht zwingend notwendig, „verschafft einem an manchen Stellen aber ein bisschen Respekt“.
Respekt braucht es, insbesondere in der „Männerdomäne Fußball“. Die 36-Jährige arbeitet als einzige Frau im Sportressort – mit 13 festangestellten männlichen Kollegen. Ob eine Frauenquote die zahlenmäßige Diskrepanz zwischen Frauen und Männern reduzieren würde, wollten die Studierenden wissen. Das Thema wird seit Jahren intensiv diskutiert. Ausgehend von der eigenen Beobachtung in der Redaktion sieht Raif jedoch ein anderes Problem: „Dieses Ungleichgewicht ist nicht bedingt durch fehlende Kompetenzen oder die Härte des Berufes, sondern durch die berufliche Schwerpunktsetzung der sportinteressierten Frauen.“ Viele weibliche Kolleginnen gingen lieber zum Fernsehen als in den Printjournalismus – in diversen TV-Sportformaten ist der Trend täglich zu sehen. Auch das wichtige Thema rund um die „MeToo“-Debatte wurde in der knapp zweistündigen Veranstaltung besprochen. Raif kann hier – zum Glück! – von keinen negativen Erfahrungen sprechen. Dass es aber durchaus Frauen in der Medienbranche gibt, die mit Sexismus und Belästigungen zu kämpfen haben, ist bekannt.
Die Arbeit in einer Sportredaktion bietet jeden Tag neue, spannende Herausforderungen. Innerhalb des Ressorts übernimmt Raif verschiedene Themen. Sie ist im Team des „Münchener Merkur“ vornehmlich für die Berichterstattung über den FC Bayern zuständig. Außerdem betreut sie unter anderem die Sportarten Turnen, Bob, Rodeln und Skeleton. Den Studierenden machte sie Mut, auch ihnen unbekannte Felder zu beackern: „Ich muss in diesen Sportarten keine ausgewiesene Expertin sein, also zum Beispiel nicht jedes technisches Detail des Bobs kennen. Viel wichtiger ist es, dass ich die Geschichten herum erkenne und erlebbar darstellen kann.“
Zum Umgang der Merkur-Redaktion mit der umstrittenen Fußball-WM in Katar sagt Hanna Raif: „Im Sport-Ressort wird es keinen Boykott geben. Die politischen Umstände werden freilich kommentiert, diskutiert und ausführlich beleuchtet. Wenn der Ball aber rollt, liegt der Fokus auf dem Fußball. Die Bilder und Geschichten der WM werden genauso schön sein wie bei jeder anderen WM auch. Aber selbstverständlich werden wir durchgehend kritisch berichten."
Abschließend wagte die Journalistin noch einen positiven Blick in die Zukunft des Printjournalismus. „Zeitungsberichterstattung wird es immer geben. Ein Interesse an gut geschriebenen Texten besteht durchgehend, daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“ Die Frage ist, in welcher Form, über welchen Kanal, auf welchem Endgerät. Raif nimmt hierbei auch die Verlage in die Pflicht, die in den letzten Jahren zuhauf Redaktionen zusammengelegt haben, um Stellen einzusparen. Ihr finaler Tipp an die angehenden Absolvent_innen: möglichst viel Berufspraxis in den Redaktionen sammeln. Denn sie weiß aus Erfahrung: „Viele praktische Übungen sind notwendig, um gut in den Beruf einzusteigen und dort erfolgreich zu sein.“
Text: Lucia Renz & Bastian Daneyko
Fotos: Lucia Renz