Hintergrund und Ziel der Studie
Die zunehmende Professionalisierung - im Sinne der Verbesserung von Strukturen und der Erschließung neuer Geschäftsfelder - sowie die wachsende Kommerzialisierung ist ein Konfliktherd in den Fan-Team-Beziehungen im deutschen Fußball. Aus Angst vor einem Verlust von Fans - mit finanziellen und gesellschaftlichen Auswirkungen - haben sich die Klubs mit Gegenmaßnahmen beschäftigt. So hat beispielsweise der FC Schalke 04, als einer der populärsten deutschen Fußballvereine, die Fan-Zentrierung („Fan Centricity“) neben dem sportlichen und finanziellen Erfolg, als eines der übergeordneten Club-Ziele definiert. Lange Zeit fehlte eine Definition des Begriffs der Fan-Zentrierung. Die vorliegende Studie füllt diese Lücke, indem sie eine Definition und Konzeptualisierung von Fan-Zentrierung vorschlägt sowie die Konsequenzen untersucht. Die Studie konzentriert sich auf die Bundesliga als die in Europa beliebteste Fußballliga für Stadionbesucher.
Studiendesign und Ergebnisse
Es wurde ein qualitatives, exploratives Forschungsdesign („In-Depth-Interviews“) verwendet. Um ein ganzheitliches Verständnis von Fan-Zentrierung abzuleiten, wurden 27 Experten aus sowohl managementbezogenen (z.B. Klubmanagement, Verbandsmanagement, Consulting) als auch fanbezogenen Funktionen (z.B. Fanbeauftragte, Vertreter der Ultras, Fanexperten) berücksichtigt. Aus der Kategorisierung der Expertenmeinungen lässt sich eine Definition von Fan-Zentrierung ableiten:
Fan-Zentrierung ist die strategische und operative (d.h. prozessuale) Ausrichtung einer Organisation auf den Aufbau und die Pflege von Beziehungen zu Fans im reziproken Sinne, mit Anpassung des Operating Models und Ermöglichung des Einflusses von Fans auf die Organisations- und Fußballkultur.
Sieben Kategorien beschreiben das Konstrukt: Identifikation und Segmentierung von Fans; Beteiligung von Fans in der Entscheidungsfindung; Erleichterung von Extra-Role-Behavior; Kommunikation und Mediation; Optimierung der Fan Experience; Erleichterung des Einflusses der Fans auf organisatorische und fußballbezogene Veränderungen; und Anpassung des Modus Operandi. Das Konstrukt hat eine Vielzahl von Konsequenzen, bspw. eine positive Auswirkung auf die Team-Fan-Beziehung, eine erhöhte Attraktivität für Medien und Sponsoren und Einfluss auf Governance und Compliance.
Implikationen
Die Definition und die Komponenten der Fan-Zentrierung helfen, einen Theoriebildungsprozess zu initiieren. Es ist ein fan-bezogenes Konstrukt strategischer Natur und fokussiert sich sowohl auf Teams/Klubs als auch auf Fans. Die vorliegende Untersuchung liefert wertvolle Erkenntnisse für Teamsport-Manager. Das Konzept könnte Managern dabei helfen, durch eine strategische Neuausrichtung, mit Team-Fan-Konflikten, die in der Kommerzialisierung begründet sind, umzugehen.
Kontakt
Lehrstuhl für Sport- und Gesundheitsmanagement
Prof. Dr. Jörg Königstorfer
Sekretariat: Mirjam Merz
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