Die Studie
Unter dem Vorwand, an einer neuen Trainingssoftware für Fahrradergometer zu arbeiten, lud das Forschungsteam der Technischen Universität München 96 Probanden in das sportwissenschaftliche Labor ein, um eine 20-minütige Testfahrt auf dem Fahrradergometer zu absolvieren. Grundlage der Manipulation bildeten zwei Varianten der Bezeichnung der Trainingseinheit: während für die Hälfte der Probanden ein Poster mit der Aufschrift Fettstoffwechseltraining installiert war, richtete die zweite Hälfte während der Radeinheit ihren Blick auf ein Poster, das von einem Training im Ausdauerbereich sprach. Herzfrequenzsensoren stellten jedoch sicher, dass beide Gruppen genau bei gleicher Intensität in die Pedale traten. Nach dem Sport wurden die Probanden aufgefordert, in einem Fragebogen Angaben zu verschiedenen Parametern wie beispielsweise ihrer Sportmotivation zu machen. Begleitend dazu durften sie etwas trinken und sich nach Lust und Laune an einem herzhaften Snack bedienen. Mittels einer Waage erfassten die Wissenschaftler unbemerkt, wie viel jeder Proband nach seinem persönlichen Training verspeiste.
Ergebnis
Die Namensgebung der Trainingseinheit veranlasste die Probanden Rückschlüsse auf den Hauptenergielieferanten ihres Trainings zu ziehen. Teilnehmer im Fettstoffwechseltraining glaubten mehr Fett als Kohlenhydrate verbrannt zu haben, während die Bezeichnung Ausdauer den Probanden genau das Gegenteil glaubhaft machte. In beiden Versuchsbedingungen war die Energiebilanz nach dem Training positiv: unabhängig vom Namen der Trainingseinheit führten sich die Probanden mehr Energie zu als sie tatsächlich zuvor verbrannt hatten. Dagegen zeigten sich signifikante Interaktionseffekte zwischen der Bezeichnung Fettstoffwechseltraining und dem Grad der Hingabe, mit die Probanden die Trainingseinheit absolvierten: Je geringer die Sportmotivation der Probanden war, wenn sie im Fettstoffwechsel trainierten, desto mehr aßen sie unmittelbar nach dem Training. Ebenso ließ sich in hoher psychologischer Belastung, Erschöpfung und geringer Freude am Sport, welche der Proband im Fettstoffwechseltraining erfuhr, eine Erklärung für dieses Verhalten finden.
Empfehlungen
Auf Basis der Ergebnisse scheint es naheliegend, dass allein schon ein weniger konnotierter Name als „Fettstoffwechseltraining“ die Energiezufuhr nach dem Training reduzieren kann. Auch Fachkräfte im Sport- und Gesundheitswesen können den beschriebenen Effekten begegnen: wie wäre es, Empfehlungen zum Sporttreiben nicht nur dann auszusprechen, wenn es ums Abnehmen geht? Auch wenn weniger offensichtlich, so wäre es besonders wichtig beispielsweise die fördernde Wirkung von Sport auf die Knochengesundheit oder die Haltung zu betonen. Ist die Körperwahrnehmung erst einmal geschärft, wird es den Trainierenden auch leichter fallen, die physiologischen Signale ihres Körpers beim Sport zu deuten. Hinweise zur Trainingsintensität sind auch dann für den einzelnen hinfällig, wenn er bzw. sie einfach den Sport betreibt, der ihm bzw. ihr am meisten Spaß macht.
Kontakt
Lehrstuhl für Sport- und Gesundheitsmanagement
Prof. Dr. Jörg Königstorfer
Sekretariat: Mirjam Eggers
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