Nährwertkennzeichnungen auf Verpackungen
In Europa besteht Uneinigkeit darüber, ob eine einheitliche Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite von Verpackungen Konsumenten dazu motivieren kann, gesündere Kaufentscheidungen zu treffen. Weiterhin ist nicht bekannt, in welchem Format solche Kennzeichnungssysteme gestaltet werden sollten. Die Studie zielte deshalb darauf ab, herauszufinden, ob
- Verschiedene Formate der Nährwertkennzeichnung die Gesundheitsförderlichkeit von Kaufentscheidungen von Lebensmitteln beeinflussen
- Kulturelle Gegebenheiten und die Charakteristika der zur Auswahl stehenden Lebensmittel (süß vs. salzig, großes vs. kleines Set) den oben genannten Zusammenhang beeinflussen
Die Studie
Die Studie wurde sowohl in Deutschland als auch in Polen durchgeführt und es wurden insgesamt 1.000 Konsumenten befragt. Dabei bekamen die Konsumenten entweder salzige oder süße Snacks vorgelegt und wurden gebeten, ein Lebensmittel aus zehn (bzw. 20) Lebensmittel auszuwählen, und zwar das Lebensmittel, für das sie sich bei einem ganz normalen Einkauf entscheiden würden. In einem zweiten Schritt wurden Konsumenten gebeten, eine möglichst gesunde Wahl zu treffen. Die Konsumenten bekamen dabei Lebensmittel mit unterschiedlicher Nährwertkennzeichnung vorgelegt: Das Kennzeichen wurde zum Teil farblich unterlegt (grün, gelb, rot; siehe Abbildung; auch wurden Schattierungen eingesetzt), mit Referenzwerten versehen (Prozentsatz des empfohlenen Tagesbedarfs) und durch textliche Beschreibungen (gering, mittel, hoch) ergänzt. Alle Angaben bezogen sich auf die Nährwerte Zucker, Fett, gesättigte Fette und Salz. Zudem war der Kaloriengehalt gekennzeichnet. Den Versuchspersonen war das Ziel der Studie nicht bewusst.
Trotz Kennzeichnung ungesunde Entscheidungen
Die Ergebnisse belegen, dass Konsumenten bei einer freien Wahl dazu tendieren, gut schmeckende, aber ungesunde Lebensmittel zu wählen. Die Wahl fällt sogar ungesünder als von einer Zufallswahl prognostiziert. Die positivsten gesundheitlichen Effekte werden dadurch bewirkt, dass Konsumenten zusätzlich gesunde Alternativen zur Verfügung gestellt bekommen und dass sie daran erinnert werden, eine gesunde Wahl zu treffen. Nährwertkennzeichen bewirken kaum positive gesundheitliche Effekte im Vergleich zu diesen Maßnahmen. In Deutschland helfen zwar teilweise die Ampelfarben bei dem Treffen einer gesunden Entscheidung, jedoch sind keine Wirkungen beim Anbringen des Prozentsatzes des empfohlenen Tagesbedarfs feststellbar. Zudem erhöhen Nährwertkennzeichnungen nicht die separat und explizit gemessene Motivation von Konsumenten, gesunde Lebensmittel auszuwählen.
Wie kann eine gesundheitsförderliche Umwelt gestaltet werden?
Auf Basis der Ergebnisse kann geschlussfolgert werden, dass (1) Umwelten so gestaltet sein sollten, dass der Aufwand, ungesunde Lebensmittel zu erlangen, höher ist, als der Aufwand gesunde Lebensmittel zu erlangen. Dies kann beispielsweise durch die Warenplatzierung in einem Kiosk erreicht werden. Obst und Gemüse könnte in der Nähe von (oder gar vor, d.h. in der Greifzone) ungesunden Snacks platziert werden, beispielsweise in Kiosks. (2) Zudem sollten Konsumenten an gesundheitliche Ziele erinnert werden, beispielsweise durch subtile Reize in der Umwelt, die über verschiedene Medien vermittelt werden können (z.B. Stimuli in der Ladenumgebung, mobiles Internet auf dem Smartphone). (3) Obwohl Nährwertkennzeichen nur einen geringen Effekt auswirken, liefert die Studie Belege, dass Ampelfarben eine gesunde Entscheidungsfindung unterstützen können.
Kontakt:
Prof. Dr. Jörg Königstorfer
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