Vor fast 100 Jahren entdeckte Otto Warburg, dass wachsende Gewebe und speziell Tumore mehr Glukose aufnehmen. Heute wissen wir, dass die aufgenommene Glukose teilweise in den Anabolismus oder Aufbaustoffwechsel gelenkt wird, d.h. um DNA, RNA, nicht essentielle Aminosäuren und Proteine zu produzieren. Die Frage stellt sich, ob ein hypertrophierender Muskel seinen Stoffwechsel ähnlich umstellt und ob dies erklärt, warum Muskelhypertrophie – egal wie hervorgerufen – anti-Adipositas und anti-Diabetes-Effekte hat.
Am 21.7.2022 hat das Team der Sportbiologie zu den Stoffwechseleffekten von Muskelhypertrophie ein Zoom-Symposium organisiert. Die Veranstaltung zeigte einen großen Zuspruch. Rund 150 Zuhörerinnen und Zuhörer, darunter führende Muskelhypertrophie-Forscher sowie Vertreter der Deutschen Forschungsgemeinschaft, folgten den spannenden Vorträgen. Das Symposium wurde von Martin Hrabe de Angelis moderiert, der Direktor am Helmholtz Zentrum und Professor an der TUM ist.
Den Aufschlag zum Symposium machten Henning Wackerhage und Philipp Baumert. In ihrer Einleitung stellten sie die Evidenz vor, dass der hypertrophierende Muskel mehr Glukose aufnimmt und dass sich hierbei ein Teil dieser Glukose in der Proteinbiomasse wiederfindet. Dieser Effekt erklärt höchstwahrscheinlich auch einen Teil der anti-Diabetes-Effekte die von Krafttraining ausgehen.
Auf die einleitenden Vorträge folgte die Kenynote-Lecture von Ralph DeBerardinis, einer der führenden Forscher zum Krebs-Metabolismus, von der University of Texas Southwestern und Howard Hughes Investigator. Er stellte eindrucksvoll vor, wie Krebszellen ihren Stoffwechsel umprogrammieren und somit das Krebswachstum ermöglichen. Neben den molekularen Mechanismen erläuterte er zudem die modernsten Methoden der Stoffwechselforschung, die notwendig sind, um diesen metabolischen Shift zu untersuchen.
Der nächste Vortragende war Yasuhiro Izumiya von der University of Osaka (Japan) der mit seinem „mitten in der Nacht in Japan“-Vortrag die Brücke zu Diabetes schlug. In seinem Vortrag stellte er die fundamentalen Erkenntnisse aus seiner wichtigen Publikation von 2008 in „Cell Metabolism“ vor und zeigte, dass die Muskelhypertrophie anti-Adipositas und anti-Diabetes-Effekte hat.
Eine Schlüsselstelle im Metabolismus für die Produktion von Nukleinsäuren und Aminosäuren ist der Pentose-Phopshat Pathway. In diesem Zusammenhang hat Ivan Vechetti von der University of Nebraska gezeigt, dass dieser Syntheseweg die Muskelhypertrophie limitiert. Die Hemmung dieses Stoffwechselwegs führt dazu, dass die Muskelzellen deutlich weniger RNA und Ribosomen bilden und somit die Proteinbiosynthese in der Muskulatur einschränken.
Zur Visualisierung der Stoffwechselumstellung existieren mittlerweile ausgeklügelte Methoden, die mittlerweile auch schon Einzug in die Medizin gefunden haben. Auf Basis dieser Bildgebung hat Postdoc Frits van Heijster aus der Forschungsgruppe von Franz Schilling in der Medizin an der TUM seine ersten Ergebnisse zur Stoffwechselumstellung bei Muskelhypertrophie im Rahmen seines Vortrages vorgestellt. Dabei verwendete er Methoden, die auch zur bildlichen Darstellung des Stoffwechsel in Tumoren und Krebszellen angewandt werden.
Im Abschluss Vortrag hatte Anna Thalacker-Mercer von der University of Alabama auch ihre Daten zur Stoffwechselumstellung bei Muskelhypertrophie vorgestellt und mit ihrer Präsentation auch die Ergebnisse der vorangegangenen Talks in einen gemeinsamen Rahmen gefasst.
Insgesamt war das Niveau der präsentierten Forschung hoch, und war auf jeden Fall eine sehr gute Möglichkeit zur Vernetzung von den beteiligten Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen, das als Katalysator für neue Kooperationen wirken kann! Die Veranstaltung hat zudem gezeigt, dass die Vernetzung der unterschiedlichen Forschungsbereiche aus Medizin, Stoffwechsel- und Muskelforschung essentiell ist, insbesondere um auch die Wirkung von Training in der Prävention und Therapie von Adipositas und Diabetes zu verstehen.