Wie passen wir uns an sportliches Training an? - Wir wissen heute, dass das traditionelle Superkompensationsmodell diese Anpassungen nur unzureichend erklärt. Die neuere und auch mit Daten gut belegte Erklärung ist, dass Belastungssignale wie Sauerstoffschwankungen, Energiestress oder mechanischer Stress Signaltransduktionsproteine aktivieren, die dann die Anpassungen an sportliche Belastung regulieren.
Zu diesem Thema hat in der letzten Zeit Johannes Trefz (Abbildung 1), der deutsche Meister im 400-Meter-Lauf und Europameister in der 4x400-Meter-Staffel, bei uns im Sportbiologie-Team für seine Masterarbeit geforscht. Das Sportbiologie-Team bearbeitet Forschungsfragen wie „Welche Anpassungen an Belastung werden durch Hippo-Signaltransduktionsproteine reguliert?“ und „Welche Belastungssignale regulieren Hippo-Proteine?“ - Johannes Trefz‘ spezifisches Projekt war es zu untersuchen, ob die Hippo-Proteine durch eine niedrige Sauerstoffkonzentration (3% Hypoxie) in Muskelzellen reguliert werden.
Um dies zu erforschen, hat Herr Trefz in Kooperation mit Dr. Peer Kuhn und Prof. Dr. Jürgen Schlegel (Institut für Pathologie) Muskelzellen in Zellkultur gezüchtet und am Deutschen Herzzentrum in München (Prof. Dr. A. Görlach) entweder bei 21% Sauerstoff (normal) oder 3% Sauerstoff kultiviert. Im Anschluss daran hat er eines der Hippoproteine - das sogenannte YAP-Protein - und andere Proteine, die sich an YAP binden, aus den Muskelzellen mit Hilfe eines Antikörpers extrahiert. Unsere Kollegin Dr. Tina Ludwig vom Bayrischen Zentrum für Biomolekulare Massenspektrometrie (TUM/Weihenstephan) hat die gesamten Proteine der gewonnen Proben mittels Massenspektrometer identifiziert. Gemessen an der Forschungsfrage „Welche Proteine binden sich an YAP, wenn die Muskelzellen durch niedrigen Sauerstoffgehalt unter Stress gesetzt werden?“ konnte so Herr Trefz exakt bestimmen, welche Proteine bei einem normalen Sauerstoffgehalt von 21% gegenüber 3% mit Hippoprotein YAP interagieren oder nicht.
Die lange Liste an verschiedenen Proteinen von Dr. Ludwig hat uns klar gezeigt, dass sich bei niedriger Sauerstoffkonzentration einige Proteine von YAP trennen, während sich andere Proteine gerade dann an YAP binden. Kurz gesagt, dies zeigt, dass die Sauerstoffkonzentrationen die Bindung von Proteinen an YAP beeinflusst (Abbildung 2).
Was lernen wir aus unseren Daten? - Nach dem Anstieg des Luftsauerstoffs in der Urzeit sind in Zellen Systeme und Proteine entstanden, die die Anpassung von Zellen an unterschiedliche Sauerstoffkonzentrationen regulieren. Diese Systeme sind wichtig für die Anpassung an die Höhe (z.B. Höhenbergsteigen), an intensives Training und an spezielle Trainingsformen, bei denen die Sauerstoffzufuhr bewusst, z.B. durch eine Art Blutdruck-Manschette, unterbunden wird. So lässt sich während des Trainings der Blutfluss in die Muskulatur zusätzlich reduzieren. Durch unser Forschungsprojekt haben Johannes Trefz und wir gelernt, dass YAP in der Muskulatur eins der Proteine ist, die durch den Sauerstoffgehalt im Gewebe reguliert werden. Warum ist dies wichtig? - YAP reguliert das Wachstum von Organen und den Stoffwechsel. Basierend auf unseren Daten vermuten wir zudem, dass YAP auch einige Anpassungsmechanismen bezogen auf die Sauerstoffkonzentration im Gewebe reguliert. Mit anderen Worten, wir vermuten, dass unter anderem auch YAP die Anpassungen der Muskulatur in der Höhe oder beim Intervalltraining steuert. Im nächsten Schritt ist nun unser Ziel herauszufinden, welche genauen Anpassungen von YAP reguliert werden. Auf Basis dieser und zukünftiger Ergebnisse können wir die Systeme der muskulären Anpassungen besser verstehen, das Training optimieren und mögliche krankheitsrelevante Mechanismen berücksichtigen.