Seit 1. Juli ist Prof. Dr. Karsten Köhler Tenure-Track-Professor für „Bewegung, Ernährung und Gesundheit“. Köhler studierte an der Universität Hohenheim Ernährungswissenschaften. 2011 promovierte er an der Deutschen Sporthochschule in Köln (DSHS) mit einer Arbeit zur Entwicklung von Methoden für die Messung der Energiebilanz von Leistungssportlern.
Es folgten jeweils rund zwei Jahre als Post-Doc an der DSHS sowie, mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD), an der Penn State University in den USA. Seit 2015 war Prof. Köhler Assistant Professor für „Sports & Exercise Nutrition“ an der University of Nebraska-Lincoln (UNL).
2010 und 2012 wurde Köhler an der DSHS mit dem Young Investigator Award ausgezeichnet, 2012 erhielt er den Lehrpreis der Hochschule, 2019 erhielt er an der UNL den „Outstanding Undergraduate Research Mentor Award“.
Herr Professor Köhler, wie haben Sie die TUM bisher wahrgenommen?
„Die TUM ist aus meiner Sicht am deutschen Hochschulhimmel ein sehr strahlender Stern. Viele meiner Kollegen aus Nebraska haben mir gratuliert, als sie gesehen haben, in welcher Liga die Universität spielt.
Mir gefällt der dynamische Geist der TUM. Da wird nicht gekleckert – sondern geklotzt. Und zwar strategisch und zielgerichtet. Dazu gehört auch, sich über klassische Hürden hinwegzusetzen. Beispielsweise durch die Einführung des Tenure-Track-Systems. Hier war die Bereitschaft da, das alte deutsche System, das sehr hierarchisch aufgebaut ist, zu verändern und ein völlig neues System zu etablieren.“
Wie schätzen Sie die Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften ein?
„Ich finde es spannend, dass wir an der Fakultät wirklich die gesamte Bandbreite haben – von den Molekularbiologen bis hin zu den Epidemiologen und den Sozialwissenschaftlern. Ich freue mich sehr auf diese Interdisziplinarität.
Auch die Ernährungswissenschaft ist – wie die Sportwissenschaft – eine interdisziplinäre Wissenschaft, die sich aus verschiedenen Disziplinen zusammensetzt. Deswegen finde ich es spannend, in so einem transdisziplinären Umfeld zu arbeiten.
Große Potenziale bestehen außerdem durch die Investitionen des Freistaates Bayern und der TUM in unsere Fakultät und die neue strategische Ausrichtung.“
Was meinen Sie damit konkret?
„Ich halte die Überlegung für richtig, sich von der reinen Fokussierung auf die klassischen Sportwissenschaften zu lösen. Die Disziplin hat fraglos ihre Berechtigung und man muss sie ebenfalls stützen. Aber es gibt vielleicht 10.000 Leistungssportler in Deutschland und auf der anderen Seite rund 80 Millionen Einwohner – und die sollten sich alle bewegen. Weil das zu den wichtigsten Faktoren der Prävention gehört und diese eine unserer Aufgaben darstellt.“
Zu welchen Themen werden Sie forschen?
„Ein wesentlicher Schwerpunkt von uns wir die Energiebilanz sein, also die Bilanz dessen, was wir zu uns nehmen und verbrauchen. Und dann die verschiedenen Mechanismen, die Subkomponenten beeinflussen. Beispielsweise werden wir uns mit Problemen wie dem ,Overeating‘, das jemand mehr isst, als er sollte, auseinandersetzen.
In der Ernährungswissenschaft wurde bei Sportlern oder körperlich aktiven Menschen traditionell immer betrachtet, was sie zu sich nehmen sollten. Hier hat ein Perspektivenwechsel stattgefunden. Wir untersuchen nun auch die andere Richtung: Wenn ich körperliche aktiv bin – welchen Einfluss hat dies auf meine Ernährung? Wenn wir das wissen, können wir unsere Empfehlungen zielgerichtet formulieren.“
Essen aktivere Personen etwa ungesünder?
„Nicht automatisch. Da besteht kein kausaler Zusammenhang. Aber es gibt ganz elementare hormonelle und psychologische Mechanismen, die dazu führen, dass nach körperlicher Aktivität mehr gegessen wird. Und das macht es relativ schwierig, allein durch Sport Gewicht zu verlieren.
Im Grunde genommen ist eine der Fragen, die mich antreiben: Wie esse ich, weil ich Sport gemacht habe? Bin ich der Meinung, dass man dann auch mehr oder anders essen darf? Wir suchen beispielsweise nach Zeitpunkten, an denen dies besonders kritisch ist, oder nach Zeitpunkten, an denen es sinnvoll ist, zu essen, um dem ,Overeating‘ vorzubeugen.“
Wie werden Sie sich in der Lehre einbringen?
„Die Ernährung wurde in den letzten Jahren ja von Dr. Hande Hofmann bereits sehr gut vertreten. Den Vorteil, für die Studierenden etwas völlig Neues einzubringen, habe ich somit nicht [lacht].
Ich denke, wir werden den Bereich stärken und möchte mich gerne in der Lehrmethodik einbringen. Mein Ziel ist es, weg zu gehen von den klassischen 90 Minuten Vorlesung – sondern die Studierenden mehr einzubinden und Interaktionen zu fördern. Ich finde, Lehre ist etwas sehr Belohnendes. Es ist keine Pflicht, sondern bringt mir auch sehr viel Spaß.“
Herr Professor Köhler: Hand aufs Herz – Lederhosen oder Sportoutfit?
„Sportoutfit [Lacht].Definitiv.“
Welches Sportoutfit?
„Ich habe als Jugendlicher viel Basketball gespielt. Nicht super erfolgreich, aber ein paar Minuten in der ersten Bundesliga habe ich gesammelt. Aber für mich war relativ schnell klar, dass es nicht reichen würde, um nur vom Basketball zu leben. Dementsprechend habe ich dann die akademische Karriere vorangetrieben. Basketball habe ich ironischerweise zu dem Zeitpunkt aufgehört, als ich in die USA gegangen bin.
Inzwischen mache ich recht gerne Triathlon. Das ist gut für meinen Körper, und ich kann sehr flexibel die Trainingszeitpunkte wählen. Außerdem gehe ich gerne wandern. Ich freue mich auf die Alpen.“
Kontakt:
Prof. Dr. Karsten Köhler
Professur für Ernährung, Bewegung und Gesundheit
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
E-Mail: karsten.koehler(at)tum.de
Interview: Dr. Fabian Kautz
Foto: privat