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Innovation Network eXprt eröffnet Living Lab im Campus im Olympiapark

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Zur Eröffnung des Living Labs erschienen zahlreiche Kolleg*innen. In der Mitte Prof. Dr. Joachim Hermsdörfer
Unter den Gästen herrschte ein redseliger, munterer Austausch zu den Potentialen des Living Labs
Dr. Philipp Gulde, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft, hielt einen Vortrag zu den fortschrittlichen Möglichkeiten des "Kitchen Labs"
Prof. Hermsdörfer, Leiter des Lehrstuhls für Bewegungswissenschaft

Ein Griff in den Kühlschrank, Kaltgetränk herausholen, Flasche öffnen, einschenken und trinken. Banalitäten wie diese erlebt jede Person täglich. Doch was ist, wenn solch einfachen Bewegungen auf einmal schwierig sind? Erkrankungen wie Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Parkinson oder Demenz führen dazu, dass Alltagshandlungen nicht mehr adäquat vollzogen werden können.

Das TUM Innovation Network eXprt ist ein multidisziplinäres Team der Ingenieurwissenschaften, Neurowissenschaften und der klinischen Neurologie. Das Forschungsnetzwerk schaffte mit großer finanzieller Unterstützung der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften ein europaweit fast einzigartiges Living Lab an, das aktuelle Thematiken des Gesundheitswesens erfassen und abbilden soll. Bei der feierlichen Eröffnung, zu der Prof. Dr. Joachim Hermsdörfer, Leiter des Lehrstuhls für Bewegungswissenschaft am Dienstag, 25.04.2023, in den TUM Campus im Olympiapark (CiO) einlud, erschienen zahlreiche Kolleg_innen zum „Soft-Opening“.

Das Labor soll interdisziplinär genutzt werden. „Mit dem Living Lab können wir herausfinden, was im wahren Lebensalltag der Patient*innen geschieht. Wir simulieren eine gewöhnliche Lebenssituation, aber in einer kontrollierten, beobachtbaren Umgebung – liegen somit in der Schnittstelle zwischen Klinik und Alltag der Patient_innen“, erläutert Professor Hermsdörfer die hohe wissenschaftliche und gesellschaftliche Relevanz.

Auch Geschäftsführer Dr. Till Lorenzen zeigt sich begeistert über den neuen Mosaikstein im TUM Campus CiO: „Das neue Living Lab wird wie alle anderen Diagnostikeinrichtungen der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften selbstverständlich in unsere zentrale Core Facility Präventionszentrum integriert. Wir freuen uns sehr, dem TUM Innovation Network eXprt mit dem Living Lab eine Diagnostikumgebung zur Verfügung stellen zu können, die ideal für ihre innovativen und gesellschaftlich höchst relevanten Forschungsfragen geeignet ist“

Das Living Lab sieht dabei recht unscheinbar und eher „gewöhnlich“ aus. Eine moderne Küchenzeile mit Insel und Kühlschrank, dafür aber auch mit zahlreichen, hochauflösenden Kameras bestückt, die sämtliche Bewegungen der Personen erfassen. Die Einsatzgebiete sind vielfältig und beinhalten unter anderem Untersuchungen mit Senior_innen sowie Patient_innen mit Multipler Sklerose und Demenzerkrankungen. Auch sollen mit Hilfe eines innovativen Exoskeletts, designed und konstruiert von Prof. Dr. Gordon Cheng, Inhaber des Lehrstuhls für Kognitive Systeme, neurologisch gestörte Handfunktionen verbessert werden: „Mit diesem Ansatz können wir große Fortschritte erzielen. Wir stellen fest, wie gut das System in der simulierten Alltagssituation funktioniert und erkennen schnell Verbesserungspotentiale, die im Lab dann fortlaufend getestet und wieder verbessert werden“, erklärt Hermsdörfer den fortschrittlichen Nutzen.

In einem zweiten Schritt können nun auch Alltagshandlungen, die die Patient_innen normalerweise zu Hause – ohne Kameras, dafür aber mit Wearables wie Sensoren – rekonstruiert, nachvollzogen und quantifiziert werden. „Wir hatten ohne das Lab zuvor kaum Informationen vorliegen. Beispielsweise konnten die Abläufe in den Alltagshandlungen nicht festgestellt werden, was nun aber möglich werden soll. Die Patient_innen können sich ihrer heimischen Umgebung bewegen, und wir sind in der Lage, die einzelnen Bewegungsabläufe nachzuvollziehen“, so Hermsdörfer weiter.

Eine der zukünftigen Herausforderungen wird es zudem sein, neue Technologien für den alltäglichen Heimgebrauch der Patient_innen bei Handlungsstörungen nutzbar zu machen und im Lab zu erproben. In Kooperation mit dem Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence  (MIRMI) werden daher am Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft Systeme im Bereich der Virtual und Augmented Reality entwickelt und erprobt: „Ein simples Beispiel ist es, den Patienten beim Tee-kochen zu unterstützen. Wenn er nicht mehr weiter weiß, soll das System Hilfestellungen geben und so starke Reize setzen, dass eine Schwelle überwunden wird, um so Handlungen wieder abrufbar zu machen für die Patient_innen“, erklärt Bewegungswissenschaftler Hermsdörfer. Dabei sei eine der besonderen Herausforderungen aktuell noch, diese Tipps zum richtigen Zeitpunkt zu übermitteln. Dies könne in Zukunft die Lebensqualität der Personen erheblich verbessern.

Zukunftsträchtige Fortschritte und weitere innovative sowie nachhaltige technologische Lösungen für die zentralen Herausforderungen dieser Zeit wird das MIRMI auf der automatica, Weltleitmesse für intelligente Automation und Robotik, vom 27. - 30. Juni in München geben und ausstellen.

Zur Homepage des Lehrstuhls für Bewegungswissenschaft

Zur Homepage des TUM Innovation Network eXprt

Kontakt:

Prof. Dr. Joachim Hermsdörfer
Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft
Georg-Brauchle Ring 60/62
80992 München

Tel.: 089 289 24550
E-Mail: joachim.hermsdoerfer(at)tum.de


Text: Bastian Daneyko
Fotos: TUM/privat