Im zweiten Teil meiner Reportage geht es um das Mittendrin, also alle Veranstaltungsorte innerhalb des Olympiaparks.
Zusammen mit einer großen Menschenmasse erklimme ich den Olympiaberg. Wie Ameisen laufen alle zielgerichtet in die gleiche Richtung und strömen von unterschiedlichen Wegen oben, auf dem Plateau des Berges, zusammen. Da beim BMX freier Eintritt ist, rechne ich auch beim Finale der Männer mit vielen Leuten. Nur noch den kleinen Hügel am Ende des Weges besteigen, dann sehe ich endlich auf den BMX-Park und die Fläche davor. Egal, wo ich hinschaue, überall sind Menschen. Auf der gesamten Fläche vor und hinter dem Parkour und sogar auf den Hügeln drum herum. Auch der Biergarten des Heimat Roofs platzt aus allen Nähten, denn von hier hat man einen perfekten Blick auf das sportliche Treiben. Da ich erst kurz vor dem Start des Events angekommen bin, ist die Platzwahl etwas begrenzt. Auf der Wiese liegen Saum an Saum Decken verteilt und man kommt nur noch über ein paar freigehaltene Wege durch die Menschenmassen.
Ich nehme mir kurz einen Moment und sehe mich nach einem guten Platz um. Ganz hinten auf der Wiese entdecke ich eine noch freie Stelle, von der ich mir eine gute Sicht erhoffe. Ich klammere meine Tasche und Kamera an mich und beginne, das Labyrinth von Decken und Menschen zu durchqueren. An einigen Stellen ist gerade noch so viel Rasen frei, dass mein Fuß darauf passt. So bahne ich mir langsam und vorsichtig den Weg zu dem gewünschten Standort. Glücklicherweise ist die Sicht von hier richtig gut und ich kann den gesamten Parkour überblicken. Nur die Fernsehkameras schwenken mit ihrem Kran gelegentlich durch den Vordergrund.
Als es endlich losgeht tobt die Menge. Aus allen Himmelsrichtungen hört man Klatschen und Gejubel. Wir beobachten gemeinsam die Freestyler, die mit ihren Bikes waghalsige Stunts und Sprünge absolvieren. Jeder Sprung wird mit Applaus kommentiert. Zweimal gibt es einen schlimmen Sturz bei den Franzosen, aber beide stehen wieder auf, also halb so wild. Obwohl die zwei Franzosen heute etwas Pech haben, gewinnt ein Teamkollege von ihnen die Goldmedaille.
Einen Tag später geht es beim Triathlon quer durch den Olympiapark. Für die Athlet_innen der Mixed-Staffel zumindest. Ich mache es mir entspannt an der Seebühne auf einer Decke gemütlich und beobachte das Ganze im Public Viewing. Die Athlet_innen starten im Wasser, wechseln dann auf ihr Fahrrad und beenden die Runde laufend. Die Strecke führt durch den See, quer über den Olympiaberg und dann einmal um den See herum bis ins Ziel. Dort wird dann an den nächsten Teamkollegen oder -kollegin übergeben. Der letzte Streckenabschnitt führt direkt an der Bühne vor mir vorbei, wodurch ich eine gute Sicht auf das Geschehen habe. Jedes Mal, wenn wir am Monitor sehen, dass die Triathlet_innen gleich bei uns einbiegen, fängt die Menschenmasse an, laut zu werden. Egal für welche_n Läufer_in, egal für welche Nation und egal für welchen Platz: Jede_r wird gleich laut angefeuert und gefeiert. Zugegeben, für die Deutschen werden noch ein bisschen mehr geklatscht. Vor allem in der letzten Runde, als klar war, dass Deutschland Silber gewinnen wird, ist die Menge fast am Ausrasten.
Ähnlich wie beim Triathlon wird auch beim Mountainbike der Olympiapark als Strecke genutzt. Diese führt über sämtliche Hügel des Olympiabergs, sowohl hoch als auch runter und mit Hilfe eines eigens errichteten Stegs sogar quer über den See. Des Weiteren müssen die Biker mehrere Hindernisse überwinden, was das Schwierigkeitslevel noch etwas erhöht.
Da alle Fahrer gleichzeitig starten und der Rundkurs über vier Kilometer geht, ist es schwer, den Überblick zu behalten. Auch die richtige Zuschauer_innen-Location zu finden, ist nicht ohne. Ich habe mich dafür entschieden, das Rennen an einem Abschnitt auf dem Olympiaberg zu beobachten. An die Seite von der Strecke zu gelangen, war schon ein Abenteuer für sich und so kann ich mehrere Hindernisse auf dem Berg und die Überquerung des Sees sehen.
Von oben sieht es aus, als würde sich eine riesige, bunte Schlange über die Wiese bis zum Fuße des Berges hinunter schlängeln. Trotz des schlechten Wetters kann ich teilweise nur noch die Helme der Radfahrer vorbeiziehen sehen, da die Körper der Zuschauer_innen die restliche Sicht versperren. Die anderen Streckenteile begutachte ich im Livestream auf meinem Handy, während ich gespannt darauf warte, bis die Fahrer ein zweites und letztes Mal an mir vorbeifahren.
Während die vorherigen Sportarten für jeden kostenlos zugänglich sind, muss man sich für das Olympiastadion und die Olympiahalle Tickets kaufen. Hier werden die Medaillen in Leichtathletik und Turnen vergeben. Die Karten sind relativ teuer, weswegen ein Kauf für mich nicht in Frage kommt. Wer keine Tickets hat, bekommt von draußen auch leider nicht viel mit.
Auch wenn man diese Sportarten nicht kostenlos anschauen kann, lohnt sich ein Spaziergang durch den Olympiapark allemal. Im Rahmen des "The Roofs" Festivals sind im Park neun der insgesamt elf Roofs verteilt. Mit täglich wechselnden, allesamt kostenfreien Veranstaltungen ist hier für jede_n etwas dabei.
Beim Central Roof, welches an der Seebühne liegt, steht vor allem die Musik im Vordergrund. Nach dem offiziellen Opening mit dem Rostocker Rapper Marteria treten hier noch zahlreiche Acts auf und sorgen bei den Zuschauer_innen für Stimmung. Wer trotz der teuren Tickets etwas von der Leichtathletik sehen will, kann hier die Siegerehrungen der abgeschlossenen Wettkämpfe, zusammen mit den besten Athlet_innen, zelebrieren.
Das Partner Roof befindet sich zwischen Olympiastadion und -halle. Hier präsentieren sich die Partner_innen der European Championships und locken teilweise mit lustigen Gewinnspielen die Gäste an. Auch der Großteil der Food-Trucks steht zwischen den aufgebauten Zelten, wobei die Preise hier sehr hoch sind. Da lohnt es sich mehr, schon vor dem Besuch etwas zu essen und sich Proviant mitzunehmen.
Im Technology Roof neben der Olympia-Schwimmhalle kann man sich über die neuesten technologischen Vorsprünge im Bereich Sport und Ernährung informieren. Außerdem besteht die Möglichkeit, sich mit Wissenschaftler_innen aus den verschiedensten Bereichen zu unterhalten und vielversprechende Münchner Start-Ups kennenzulernen.
Das BMW Welt Roof startet mit einem täglichen Blackroll-Workout sportlich in den Tag. Darüber hinaus kann man beim virtuellen Motorradrennen die eigenen Fähigkeiten als Rennfahrer_in auf die Probe stellen. Die eigens aufgebaute Rutsche an der Fassade des Gebäudes darf übrigens auch ausprobiert werden.
Für Kreative bietet sich das Art Roof direkt am Olympiasee an. Hier kann man mehrere Kunstausstellungen und -installationen in Ruhe auf sich wirken lassen.
Auch das Creative Roof auf der gegenübergelegenen Seite des Sees bietet einiges. Morgens werden Yoga-Workouts mit musikalischer Begleitung angeboten, während man abends bei Konzerten und einem Cocktail entspannen kann.
Die ganz Kleinen kommen im Kids Roof auf ihre Kosten. Das durchgehende Ferienprogramm und mehrere Mitmach-Aktionen halten die Kinder in Bewegung. In mehreren Zelten im Park verteilt, können die Kinder sich in den neun Sportarten der European Championship ausprobieren und Sportabzeichen sammeln.
Nach eineinhalb Wochen und zahlreichen Sportveranstaltungen später lautet mein Fazit, dass wirklich alle die Möglichkeit hatten, die European Championships zu erleben. Ob jung oder alt, für jede_n war etwas dabei. Auch die meisten Sportarten konnte man ohne Ticket hautnah live miterleben. Eigentlich bin ich auch froh, dass ich einige Veranstaltungen nur über den Fernseher anschauen konnte. So musste ich nämlich nicht jeden Tag unterwegs sein und um gute Plätze kämpfen, sondern konnte auch mal ganz gemütlich von der Couch aus zusehen.
Hier geht's zu Teil eins der Reportage.
Text & Fotos: Laura Kimpfbeck