Wenn sich die neue Idee, der so genannte Spectral Fatigue Index (SFI) in Theorie und Praxis bewährt, dann stellt dies möglicherweise den Einstieg in eine Projektreihe dar, die in der Entwicklung einer Routine-Diagnostik in den Sportspielen mündet. Interesse an der Entwicklung wurde bereits vom Deutschen Hockey-Verband signalisiert.
Wie ermüdet sind Fußballer (oder andere Sportspieler) wirklich während eines Spiels? Zur Beantwortung dieser Frage können in letzter Zeit vermehrt Lauf-strecken und –intensitäten herangezogen werden, die im Fußball beispielsweise seit dieser Saison den Profivereinen von der DFL zur Verfügung gestellt wer-den. Man findet dort generell den Sachverhalt vor, dass die Spieler in der zwei-ten Halbzeit weniger an Laufstrecke und Sprints absolvieren als in der ersten, was gemeinhin als Ermüdungsfolge interpretiert wird. Andererseits zeigen tie-fer gehende Analysen jedoch auch, dass dies durchaus nicht immer der Fall sein muss, dass man während Spielunterbrechungen naturgemäß weniger läuft und lange Unterbrechungen in der 2. Halbzeit häufiger sind (Auswechslungen!), und schließlich, dass bei klaren Spielständen weniger gelaufen wird. Klare Spiel-stände findet man aber vermehrt in der 2. Halbzeit.
Ursächlich für die Probleme einer angemessenen Ermüdungsschätzung sind einmal das Primat der Taktik in den Sportspielen, d.h. es geht nicht darum, möglichst weit und schnell zu laufen, sondern darum, möglichst ein Tor mehr als der Gegner zu schießen. Dann ist es während des Spieles verboten, Senso-ren mit zu führen - noch nicht einmal einen Pulsmesser. Und schließlich haben wir im Fußball eine so genannte intermittierende Belastung, wo im unvorher-sehbaren Wechsel Belastungs- und Erholungsphasen auftreten und beide Pro-zesse während eines Spieles parallel und in gegenseitiger Wechselwirkung ab-laufen. Wie kann man also die Ermüdung während eines Spieles messen?
Am Anfang des Projekts stand die Idee, eine Methode aus der Muskelphysiolo-gie auf unser Problem zu übertragen. Die neuromuskuläre Ermüdung drückt sich in einem Rückgang der Medianfrequenz aus, mit der ein Muskel innerviert werden kann. Diese Medianfrequenz erhält man aus einer Spektralanalyse des Elektromyogramms. Drückt sich analog die Ermüdung im Sportspiel in einem Rückgang der Bewegungsfrequenzen aus, die man aus einer Spektralanalyse der Positionsverläufe erhalten kann?
Inhaltlich würde das bedeuten, dass man gegen Ende eines Spieles unter Er-müdung weniger "hochfrequente" Bewegungen zeigt, d.h. weniger abrupte Stopps und Richtungsänderungen. Man wird in diesem Sinne "langsamer", selbst wenn man noch in der Lage ist, seine Maximalgeschwindigkeit annähernd zu realisieren. Erste Ergebnisse waren ermutigend, da sie tatsächlich einen Rückgang des SFI zeigten und zwar sowohl in Trainingsformen, die dezidiert zur Induktion einer hohen Belastung eingesetzt wurden, als auch bei Testspielen gegen Ende des Spiels.
Es bestehen zwar noch eine Reihe von offenen Fragen (Qualität, insbesondere Frequenz und Genauigkeit der Messdaten, Validierung mit physiologischen Er-müdungsmaßen, Validierung durch Messungen im Feld), aber deren Klärung ist ja gerade Ziel des Projektes. Mitgearbeitet haben bei der Antragstellung Oliver Bartels, BA-Student und Hochfrequenzspezialist, und Malte Siegle, wissen-schaftlicher Mitarbeiter und Experte für Positionserfassung im Fußball, der die operative Leitung des Projekts übernehmen soll.