Ein aktives und kollektives Gesundheitsbewusstsein sind die Basis für eine gesunde Weltbevölkerung. Die Aufklärung und Mobilisierung der Gesellschaft sind entscheidend, um gemeinschaftliche Gesundheitsmaßnahmen erfolgreich umzusetzen und Regierungen zur Verantwortungsübernahme zu bewegen.
Um den Stand der Gesundheitskompetenz weltweit zu erfassen und zu verbessern, hat die Weltgesundheitsorganisation das WHO Collaborating Centre for Health Literacy ins Leben gerufen, das an der TUM und dem Department Health and Sport Sciences der TUM School of Medicine and Health angesiedelt ist und von Prof. Dr. Orkan Okan geleitet wird. Das Vorhaben ist zunächst auf vier Jahre angelegt und wird von der WHO International unterstützt, insbesondere durch Dr. Faten Ben Abdelaziz (WHO Headquarters, Enhanced Wellbeing, Department of Health Promotion) sowie Dr. Anastasia Koylu (WHO Regionalbüro für Europa). Eine enge Zusammenarbeit ist zudem mit dem Global Health Literacy Research Network (GLOBHL) und der International Health Literacy Association (IHLA) geplant.
Weltweit gibt es rund 800 solcher Kollaborationszentren, 27 davon in Deutschland. In München existiert bereits das thematisch eng verwandte WHO Collaborating Centre for Public Health. Die Zentren bündeln weltweit die Forschung zu relevanten Fragen und entwickeln Lösungsstrategien.
Der Leiter der Professur für Health Literacy blickt gespannt auf die zukünftigen Aufgaben und die vielseitigen Forschungsansätze: „Ich freue mich darauf, das Kollaborationszentrum an der TUM aufzubauen und Forschende aus der ganzen Welt zusammenzubringen“, so Prof. Okan. Die Gesundheitskompetenzen weltweit zu fördern, ist ein wichtiges Ziel der WHO. Zu diesem Zweck ist es aber zunächst relevant, Informationen zu sammeln, wo Bedarf besteht. Hier kommt das neue Zentrum an der TUM ins Spiel: „Wir entwickeln schon seit Jahren standardisierte Umfragen zur Gesundheitskompetenz. Jetzt hat uns die WHO die ehrenvolle Aufgabe übertragen, den globalen Survey zu erarbeiten“, erläutert der Gesundheitswissenschaftler.
Denn Informationen, wie man gesund bleibt oder wieder gesund wird, gibt es viele, nicht zuletzt im Internet. Aber sind Menschen auch in der Lage, diese zu finden, zu bewerten und für sich selbst anzuwenden? „Ein klassisches Beispiel sind Impfungen“, erläutert Prof. Okan. „Allein zu wissen, dass Impfungen existieren, reicht nicht – ich muss auch wissen, woher ich vertrauenswürdige Informationen zu dem Thema bekomme und anhand dieser entscheiden, wann, wo und wogegen ich mich impfen lasse.“ Solche Fragen werden mit dem Begriff Gesundheitskompetenz beschrieben, im Englischen etwas präziser als „Health Literacy“ bezeichnet, also „die Fähigkeit, mit Gesundheitsinformationen richtig umzugehen“.
Untersuchungen zeigen, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung geringe Gesundheitskompetenzen besitzt, was zu Problemen im Umgang mit Gesundheitsinformationen, Entscheidungsfindung und der Entwicklung gesunder Verhaltensweisen führt. Erste Pilotstudien laufen bereits in Liberia, Saudi-Arabien und China. Anhand der Ergebnisse werden Prof. Okan und sein Team in den nächsten Jahren die endgültige globale Umfrage entwickeln. „Wenn das einmal fertiggestellt ist, kann jeder der 194 WHO-Mitgliedsstaaten das Format nutzen, um international vergleichbare Daten über die Gesundheitskompetenz seiner Bevölkerung zu sammeln.“
Neben der „großen“ Umfrage wird das WHO-Kompetenzzentrum auch einen wichtigen Teilbereich der Gesundheitskompetenz abdecken. „Wir erarbeiten einen zweiten globalen Survey, mit dem die Gesundheitskompetenz an Schulen erfasst wird – von Kindern und Jugendlichen ebenso wie vom Lehrpersonal“, sagt Prof. Okan. Mit den gewonnenen Informationen wollen die Forschenden Unterrichtsmaterialien entwickeln, um die Gesundheitskompetenz zu verbessern. Vergleichbare Materialangebote wurden von anderen WHO-Kollaborationszentren beispielsweise für die Sexualerziehung erstellt.
Dr. Rüdiger Krech, Direktor der Gesundheitsförderung bei der WHO, betont: „WHO-Kooperationszentren sind unsere engsten Partner, mit denen wir die weltweite Evidenz zu bestimmten Themen der öffentlichen Gesundheit bearbeiten. Ich freue mich daher sehr, dass die TUM School of Medicine and Health von nun an zu dem Kreis der globalen Exzellenz im Bereich der Gesundheitskompetenz gehört und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit.“
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Kontakt:
Prof. Dr. Orkan Okan
Professur für Health Literacy
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Tel.: 089 289 24986
E-Mail: Orkan.Okan(at)tum.de / info.healthliteracy(at)tum.de
Text: Paul Hellmich (CCC)/Bastian Daneyko
Fotos: WHO/privat