Vor rund einem Jahr startete der Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft gemeinsam mit der University of Birmingham, der Universidad Politécnica de Madrid und vier weiteren Partnern das Projekt CogWatch (Cognitive Rebabilitation of Apraxia & Action Disorganisation Syndrome). Das Forschungsvorhaben wird von der EU mit 3,6 Millionen Euro gefördert, mehr als 700 000 Euro fließen an die TU München. Forschungsziel ist, Schlaganfallpatienten durch den Einsatz von Technik bei alltäglichen Handlungsabläufen zu unterstützen. Am Mittwoch, den 28. November, lud Ordinarius Prof. Dr. Joachim Hermsdörfer zu einem Tag der offenen Tür in dem aus Drittmitteln finanzierte CogWatch-Labor ein.
Zentrale Vision: Technik im Alltag von Patienten
"CogWatch ist das bisher wichtigste und vom Umfang her größte Projekt für den Lehrstuhl und ich denke, dass es eine zentrale Vision beinhaltet: Prävention durch den Einsatz von Technik im Alltag von Patienten", sagt Hermsdörfer. Rund ein Drittel aller Schlaganfallpatienten leidet unter kognitiven Einschränkungen bei der Handlungsausführung. "Die Hauptprobleme sind, dass das Wissen zum Gebrauch von Objekten - wie beispielsweise Werkzeugen - fehlt. Statt Brot mit einem Messer zu schneiden, versuchen es Patienten mit einer Gabel oder einem Löffel", erklärt Hermsdörfer. Außerdem fehlten oft Kenntnisse über den Ablauf von komplexen Handlungen, wie etwa Tee kochen oder ein Toastbrot zu machen. "Hier sind die häufigsten Defizite Auslassungen, beispielsweise wenn das Teewasser nicht erhitzt wird, oder Ersetzungen, wenn die Patienten statt Tee plötzlich Kaffee machen", erläutert Hermsdörfer.
Durch das CogWatch-Projekt sollen nun Modelle entwickelt werden, die Patienten bei der Ausführung von Alltagstätigkeiten unterstützen und dadurch mehr Selbstständigkeit ermöglichen. "Wir wollen durch den Einsatz von technischen Hilfsmitteln Reha-Maßnahmen, die lebenslang nötig sind, kompensieren - und möglichst sogar Verbesserungen erzielen", so Hermsdörfer.
Kooperation mit TUM-IAS und Klinikum Bogenhausen
Das Projekt verläuft in vier Phasen. Zunächst werden Patienten mit Problemen untersucht, ihre Handlungen evaluiert, Fehler kategorisiert. In einem zweiten Schritt werden die Bewegungen der Probanden als Signale für den Computer modelliert, anschließend werden Programme entwickelt, die aus den Modellierungen Fehler berechnen und diese bereits im Vorfeld erkennen. Dafür kooperiert der Lehrstuhl mit der Intelligent Autonomous Systems Group (IAS) der Fakultät für Informatik an der TUM. "Die Kollegen haben viel Erfahrung über Modellierungen von Alltagserfahrungen und deren mathematische Beschreibung", sagt Hermsdörfer. Im letzten Schritt sollen die Computer den Patienten Hinweise geben, die ihnen helfen, Fehler zu vermeiden und Handlungen richtig auszuführen.
Derzeit ist das Team um Hermsdörfer und seine Mitarbeiterinnen Dr. Charmayne Hughes und Dr. Marta Bienkiewicz am Anfang der zweiten Projektphase. In Zusammenarbeit mit dem Klinikum Bogenhausen wurden rund 30 Patienten rekrutiert, diese werden nun im CogWatch-Labor untersucht und deren Fehler und Probleme aufgezeichnet. Neben den CogWatch-Untersuchungen wird das Labor auch für andere Forschungsarbeiten genutzt und in die Lehre eingebunden. Das Projekt läuft bis Ende Oktober 2014.
Hier finden Sie weitere Informationen zum CogWatch-Projekt
Kontakt:
Prof. Dr. Joachim Hermsdörfer
Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft
Telefon: 089 289 24550
E-Mail: Joachim.Hermsdoerfer(at)tum.de