Müsliriegel, Milchprodukte oder auch Getränke - zahlreiche Produkte werden mit dem Zusatz "Fitness" oder "fit" vermarktet. Doch die trügerischen Labels bergen für Konsumierende Gefahren. Zu diesem Schluss kommt eine Kooperationsstudie des Lehrstuhls für Sport- und Gesundheitsmanagement von Ordinarius Prof. Dr. Jörg Königstorfer mit Prof. Hans Baumgartner von der Pennsylvania State University.
Die Forschergruppe untersuchte, welchen Einfluss "Fitness"-Labels auf das Konsumverhalten besitzen. "Fitness-Labels verleihen Produkten zu Unrecht einen Heiligenschein, der dazu führt, dass gerade jene Verbraucher, die abnehmwillig sind, stärker zugreifen", sagt Prof. Königstorfer.
Internationale Medienpräsenz
Die Ergebnisse der Studie wurden in den vergangenen drei Wochen von verschiedenen Medien aufgegriffen - national wie international. "Es ist natürlich schön, wenn wissenschaftliche Ergebnisse nicht allein dieser Community vorbehalten bleiben, sondern auch eine große Breitenwirkung entfalten können", freut sich der Studiendekan der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften.
US-Nachrichtensender "CBS-News" berichtet
Das einflussreiche "Journal of Marketing Research", Rang eins Journal im Bereich Marketing, publiziert die Ergebnisse der insgesamt drei Teilstudien in einer der nächsten Ausgaben. Hauptergebnisse veröffentlichte das reviewte Journal aber bereits vorab in einer Pressemitteilung.
Als Reaktion berichteten mit "Health" und "Shape" auflagenstarke US-Publikumszeitschriften. Der in den USA landesweite Nachrichtensender CBS-News, der jede Woche von mehr als 100 Millionen Menschen eingeschaltet wird, widmete den Forschungsergebnissen in dem Format "CBS this morning" rund drei Minuten der Sendezeit. Die renommierte US-Zeitung "Boston Globe" veröffentlichte ebenso einen Artikel auf ihrer Onlinesite, wie die britische Boulevardzeitung "Daily Mail". Auch in China wurden die Ergebnisse publiziert.
In Deutschland berichteten die Apotheken Umschau - mit 9,4 Millionen die auflagenstärkste Zeitschrift im Gesundheitssektor - der Münchner Merkur sowie das Microsoft-Portal msn.de. Insgesamt griffen hierzulande mehr als 40 Medienunternehmen das Thema auf.
Drei empirische Untersuchungen - Studentenfutter mit und ohne "Fitness"-Label
Für die Studie führte die Forschungsgruppe drei empirische Untersuchungen durch. "Wir haben uns gefragt, ob und wie sich Fitness-Labels auf das Essverhalten der Verbraucher auswirken", sagt Prof. Königstorfer. Für die Studien wurde als Stimulus ein Studentenfutter in einer Plastikbox verwendet. Für die Experimentalgruppe wurde auf der Box ein "Fitness"-Label angebracht, bei der Kontrollgruppe eine neutrale Box verwendet.
In zwei Untersuchungen testeten die Forscher dann, ob die 162 und 230 Proband_innen mehr von dem Studentenfutter essen, wenn auf dem Label "Fitness" steht. Für die Durchführung wurde den Teilnehmer_innen vorgespielt, dass sie einen Geschmackstest mit mehreren Bewertungen durchführen sollten, für den sie acht Minuten Zeit hatten. Die Untersuchten sollten sich dabei vorstellen, in ihrem Wohnzimmer einen Nachmittagssnack zu essen.
Ergebnis: Deutlichster Effekt bei Abnehmwilligen
Die deutlichsten Effekte zeigte die Fitness-Kennzeichnung bei Personen, die in einem Begleitfragebogen angegeben hatten, Probleme mit dem Gewicht zu haben und abnehmen zu wollen. "Diese Gruppe griff bei den angebotenen Snacks stärker zu als andere Studienteilnehmer. Sie nahmen zwischen 50 und 100 Kilokalorien mehr auf", erläutert Königstorfer.
In der dritten Studie wurden die 144 Teilnehmenden nach dem Geschmackstest zudem auf ein Ergometer gesetzt. "Wir erklärten ihnen, die Wechselwirkung von Nahrungsaufnahme und körperlicher Bewegung untersuchen zu wollen", sagt Königstorfer. "Dabei konnten die Probanden selbst entscheiden, wie lange und intensiv sie Rad fahren wollten."
Gerade die abnehmwilligen Personen, die zuvor bereits mehr Kalorien aufgenommen hatten, erbrachten auf dem Ergometer weniger Leistung. "Offenbar sehen diese Teilnehmer in der 'fitten' Nahrung einen Ersatz für körperliche Bewegung", erklärt Königstorfer.
Prof. Königstorfer: Bewusste Ernährung und Aufklärung
Die Ergebnisse zeigen für den Ordinarius des Lehrstuhls für Sport- und Gesundheitsmanagement, dass "Fitness"-Labels für abnehmwillige Verbrauchergruppen verführerisch sein können. "Diese Gruppen haben längst gelernt, sich bei Klischee-Produkten wie Chips oder Pommes zu zügeln. Aber der Fitness-Zusatz verleiht Produkten, die nicht per se als verboten wahrgenommen werden, eine Art Heiligenschein, der gefährlich ist, weil er konträr zur Zielerreichung der betroffenen Konsumentinnen und Konsumenten wirkt", bilanziert Königstorfer.
Um nicht auf das trügerische Etikett hereinzufallen, helfen vor allem zwei Dinge, so Königstorfer: bewusstes Essen und Aufklärung. Ein erster Schritt in Richtung Information ist durch die weltweite Publikation der Ergebnisse gelungen.
Zur Homepage des Lehrstuhls für Sport- und Gesundheitsmanagement
Publikation: The Effect of Fitness Branding on Restrained Eaters' Food Consumption and Post-Consumption Physical Activity; Joerg Koenigstorfer, Hans Baumgartner; Journal of Marketing Research; doi: 10.1509/jmr.12.0429
Kontakt
Prof. Dr. Jörg Königstorfer
Lehrstuhl für Sport und Gesundheitsmanagement
Uptown München, Campus D
Georg-Brauchle Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24558
E-Mail: joerg.koenigstorfer(at)tum.de