"Lernen braucht Bewegung - fit & clever in der Schule". Unter diesem Namen läuft ein Projekt des Lehrstuhls für Präventive Pädiatrie. Bis 2020 untersucht ein Team von Ordinaria Prof. Dr. med. Renate Oberhoffer jährlich rund 2.500 Schüler_innen im gesamten Landkreis Berchtesgadener Land. "fit & clever" wird vom Landratsamt Berchtesgadener Land mit bis zu 140.000 Euro unterstützt. Koordiniert wird das Projekt durch den Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie sowie die Geschäftsstelle "Gesundheitsregionplus" des Berchtesgadener Lands.
"Wir sind sehr froh über die enorme Unterstützung durch Herrn Landrat Grabner, die Region im Allgemeinen und auch durch die Eltern. Durch die Kooperation können wir Daten von unschätzbarem Wert erheben und erstmals auch Entwicklungen über mehrere Jahre betrachten", erläutert Prof. Oberhoffer.
Größtes Projekt des Lehrstuhls bezüglich Teilnehmerzahl und Dauer
Ausgangspunkte für "fit & clever" war das erfolgreiche Sternstunden-Projekt, das 2012/13 am Schülerforschungszentrum Berchtesgadener Land durchgeführt wurde. Im Rahmen dieses Projekts wurden 1.017 Schüler_innen aus der Region untersucht und so erstmals Referenzwerte für den Gefäß- und den Fitnesszustand der 7-17-Jährigen berechnet.
"Mit ,fit & clever' gehen wir nun noch einen Schritt weiter. Zum einen, weil wir rund 2.500 Schüler untersuchen und das über die nächsten fünf Jahre. Damit ist es von der Teilnehmerzahl und Dauer das bislang größte Projekt des Lehrstuhls", sagt Heidi Weberruß. Die Projektleiterin und ihr Kollege Dominik Gaser betreuen das Projekt gemeinsam.
Fünf Testaufgaben für die Schüler_innen
Von den Schüler_innen werden Ausdauer- und Kraftwerte erhoben, die Komponenten der sogenannten "gesundheitsbezogenen Fitness" sind. "Beides sind Parameter, die nachweislich positiven Einfluss auf die kardiovaskuläre Gesundheit nehmen. Wer hier gute Werte erzielt, senkt sein gesundheitliches Risiko später an Arteriosklerose zu erkranken, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen", erklärt Weberruß.
Dafür absolvieren die Schüler_innen fünf Testaufgaben:
- Sit-ups, mit denen die Kraft der Bauchmuskulatur eingeschätzt werden kann
- Liegestütze zur Erhebung der Kraft der Arme sowie des Schultergürtels
- Standweitsprung für die Messung der Schnellkraft der Beine
- Handkraftmessung als Maß für die Kraftfähigkeit des gesamten Körpers
- 20-Meter-Pendellauf zur Einschätzung der Ausdauer
Bei den Sit-ups und den Liegestützen wird die Gesamtanzahl gezählt, beim Standweitsprung der bessere von zwei Versuchen gewertet. Für den 20-Meter-Pendellauf werden Hütchen im Abstand von 20 Metern aufgestellt, zwischen denen die Schüler_innen hin und her laufen. Dabei wird über ein akustisches Signal sukzessive das Tempo erhöht. Gezählt wird auch hier die maximale Anzahl der absolvierten Bahnen.
"Wir hätten natürlich gerne noch weitere Werte erhoben, haben uns aber auf diese fünf Tests verständigt, weil die Aussagekraft recht hoch ist und sie sich zudem einfach durchführen lassen, schnell aufgebaut werden können, nicht von technischem Equipment abhängig sind und kaum Testmaterial benötigt wird", fasst Gaser zusammen.
Außerdem werden die Körpergröße sowie das Körpergewicht ermittelt und daraus der Body-Mass-Index (BMI) errechnet. Auf einem Fragebogen schätzen die Schüler_innen ihr Fitnesslevel selbst ein und geben an, ob sie Mitglied in einem Sportverein sind.
Mehr als 80.000 Sit-ups und 38.000 Liegestütze
Im Rahmen der bereits abgeschlossenen ersten Testphase wurden zwischen April und Juni 139 Klassen von 24 Schulen und insgesamt 2.522 Schüler_innen untersucht. Für die Tests absolvierten die Schüler_innen zusammengerechnet 84.415 Sit ups und 38.022 Liegestütze, liefen rund 1.400 Kilometer und sprangen 344.377 Zentimeter weit.
Für die Messungen stellte der Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie vier studentische Hilfskräfte ein, die die Tests vor Ort durchführten. Die Hilfskräfte sind Bachelorstudierende der Fakultät und absolvieren entweder den Studiengang "Sportwissenschaft" oder "Gesundheitswissenschaft". Für eine Klasse dauerten die fünf Tests rund eine Doppelstunde, sodass an einem Testtag bis zu fünf Klassen überprüft werden konnten - drei am Vormittag, zwei am Nachmittag.
Die Ergebnisse wurden anschließend mit Referenzwerten verglichen, die der Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie im Sternstunden Projekt ermittelte. "Die Berchtesgadener Schüler sind fit. Drei Viertel von ihnen haben ein gutes bis sehr gutes Fitnesslevel", bilanziert Prof. Oberhoffer.
Die Teilnehmer_innen erhalten auf der Grundlage ihrer Werte in den fünf Tests sowie des BMIs ein Feedback auf einer dreistufigen Skala, orientiert an Perzentilen. "Die Schüler sollen auf ihren aktuellen Fitnessstatus aufmerksam gemacht werden, wissen, ob dieser in der Norm liegt oder nicht, und dazu motiviert werden, mehr Sport zu treiben. Sie und ihre Lehrer bekommen dann Tipps an die Hand, wie sich das eigene Fitnesslevel steigern lässt. Wir wollen bereits bei den Kindern auf die Bedeutung eines aktiven Lebensstils hinweisen", so Weberruß.
Die nächste Datenerhebung beginnt dann im April 2017.
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Kontakt
Heidi Weberruß
Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie
Uptown München, Campus D
Georg-Brauchle Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24579
E-Mail: Heidi.Weberruss(at)tum.de
Dominik Gaser
Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie
Uptown München, Campus D
Georg-Brauchle Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24900
E-Mail: Domink.Gaser(at)tum.de
Text: Fabian Kautz
Fotos: Heidi Manger (Landratsamt Berchtesgadener Land)