Von 3. bis 5. März veranstaltete der Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft von Ordinarius Prof. Dr. Joachim Hermsdörfer die 14. Tagung der Sektion "Sportmotorik" der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (DVS). Rund 150 Mitglieder nahmen teil. Dazu kamen zahlreiche Studierende und Mitarbeiter_innen der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften.
Die Tagung war ein voller Erfolg. "Unsere thematischen Schwerpunkte haben viele interessante Aspekte beinhaltet und auch die Key-Note-Vorträge unserer internationalen Experten waren herausragend", bilanziert Prof. Hermsdörfer.
Thematische Vielfalt
Vier Themenfelder zum Kongressmotto "The Athlete´s Brain" hatte sein Team gewählt: "Auswirkungen von Schädel-Hirn-Traumata im Sport", "motorisches Lernen", "Neuro-Modulation" und "Gehirnrepräsentation von Athlet_innen".
"Wir haben einen Bogen über verschiedene Themen gespannt, um ein breites Interesse zu bedienen, und dadurch sowohl trainingsinteressierte Teilnehmer_Innen aus der Sportwissenschaft - als auch jene, die sich vorrangig für Neurowissenschaften interessieren, erreicht", resümiert Dr. Waltraut Stadler, die den Kongress für den Lehrstuhl organisierte.
Schädel-Hirn-Trauma: 765 Mio Dollar Entschädigung durch NFL für Ex-Profis
Weltweit diskutiert werden die Auswirkungen von Schädel-Hirn-Traumata. In den USA verklagten 4500 ehemalige Profis die National Football League (NFL) auf Zahlung einer Entschädigung. Die NFL habe Langzeitrisiken, wie etwa Hirnschäden durch häufige Erschütterungen des Kopfs, verschwiegen, argumentierten die Profis. Im August stimmte die NFL einer Zahlung von 765 Millionen Dollar zu.
"Es gibt eine starke wissenschaftliche Diskussion, inwieweit kleine Traumata und größere Traumata - also jene mit Bewusstlosigkeit und Gedächtnisverlust - Auswirkungen haben und Krankheiten hervorrufen können", erläutert Hermsdörfer. Debattiert wird über Folgeschädigungen bis hin zu parkinsonähnlichen Gehirnerkrankungen.
Dabei vertraten auf dem Kongress Expert_innen sogar die These, dass bereits Kopfbälle im Kiinderfußball ungewünschte Folgen haben könnten. "Das ist bisher aber kaum gesichert. Im Endeffekt ist das ein klassischer Ruf nach mehr Wissenschaft. Ich denke in Bezug auf das Thema "Schädel-Hirn-Traumata" wirkt unsere Tagung sehr stimulierend. Und das war auch die Absicht", erklärt Hermsdörfer.
The Athlete´s Brain: Andere Gehirnstrukturen
Erstmals auf der Agenda der Sektion stand das Motto "The Ahlete´s Brain". "Die Frage ist, ob das Gehirn eines Experten, also zum Beispiel eines Leistungssportlers oder auch Musikers, anders aussieht, als das Gehirn von Laien", so Hermsdörfer. Aus den Hirnstrukturen erhoffen Forscher_innen künftig frühzeitig Talentdiagnosen durchführen zu können, so Hermsdörfer.
Motorisches Lernen: Unterschiede über die Lebensspanne
Ein weiteres Fokus-Thema war das motorische Lernen. "Es geht hier darum, wann Bewegungsabläufe trainiert werden können und wann Pausen oder Schlaf nötig sind, damit es keine Interferenzen gibt, sich also keine Lernprozesse überlagern", sagt Hermsdörfer. Dies wurde besonders vor dem Hintergrund der Lebensspanne diskutiert. Denn Lernprozesse sind bei Erwachsenen und Kindern unterschiedlich. Während bei Heranwachsenden nach Lerneinheiten sehr schnell Verfestigungsprozesse eintreten, dauert dies bei Erwachsenen länger. "Die Forschungsergebnisse legen die Interpretation nahe, dass Kinder sehr schnell lernen, aber auch auf einer sehr breiten Basis und eher ungefiltert. Erwachsene dagegen lernen eher effektiver", erklärt Stadler.
Neuro-Modulation: Stimulierung des Gehirns über Elektrizität oder Magnetismus
Eine Diskussion, die in Zukunft an Brisanz zunehmen könnte, ist die Neuro-Modulation. Durch Elektrizitätsströme oder Magnetismus kann das Gehirn angeregt werden und so motorische Lernprozesse beschleunigt. "Die zugrunde liegenden Mechanismen sind weitgehend unklar. Fest steht allerdings, dass es in einem gewissen Maße funktioniert", sagt Hermsdörfer.
Ob diese Prozesse allerdings für Hochleistungssportler_innen Bedeutung haben, ist unklar. "Die Leistungen von diesen Athleten erfordert extrem ausgebildete Gehirnprozesse. Viele Experten meinen, dass die Neuro-Modulation hier nicht mehr wirksam ist, sondern eher bei Lernprozessen", subsummiert der Ordinarius des Lehrstuhls für Bewegungswissenschaft.
Neuro-Modulation als Doping?
Im Rahmen des Kongresses wurde die Neuro-Modulation auch im Zusammenhang mit Doping diskutiert. Die Erfahrung zeigt, dass Sportler_innen in der Vergangenheit immer wieder bereit waren, Stoffe einzunehmen, deren Wirksamkeit unklar und nicht belegt waren. "Die Neuro-Modulation gehört in die Hände von Experten. Andernfalls können ernsthafte Schädigungen auftreten", warnt Hermsdörfer.
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Kontakt:
Prof. Dr. Joachim Hermsdörfer
Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft
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Telefon: 089 289 24551
E-Mail: Joachim.Hermsdoerfer(at)tum.de