Im Rahmen des "Tags der Fakultät" feiert die Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaft am Freitag, den 01. März 2013, ihr 10-jähriges Bestehen. Im Interview gibt Dekan Prof. Dr. Jürgen Beckmann Einblicke in das Programm, die Entwicklung der Fakultät seit ihrer Entstehung und wagt zudem einen Ausblick auf die nächsten 10 Jahre.
Herr Dekan, was ist anlässlich des Jubiläums am Freitag geplant?
"Wir werden versuchen, die Geschichte der letzten 10 Jahre darzustellen. Einerseits wird der Gründungsdekan Prof. Dr. Arnulf Melzer etwas zur Gründung der Fakultät, ihrer Entstehung und vielleicht auch zu dem Vorläufer darlegen - die Sportwissenschaft existierte ja schon seit Anfang der 70er Jahre an der TUM. Ich werde in meiner Festrede primär aufzeigen, was wir in den letzten Jahren erreicht haben und welche Perspektive die Fakultät hat. Da sieht es ja seit einiger Zeit sehr positiv aus."
Welche Bilanz ziehen Sie als Dekan zur bisherigen Geschichte der Fakultät?
"Am Anfang war es sicherlich ein bisschen holprig. Da stand im Raum, ein ,süddeutsches Gegengewicht zur Sporthochschule Köln´ zu schaffen. Das war vielleicht ein bisschen sehr ambitioniert. Wobei wir, was die Anzahl der Studierenden anbelangt, von Beginn an zu den größten Fakultäten der TUM zählten. Dagegen waren wir hinsichtlich der Zahl der Professoren und Mitarbeiter immer die kleinste.
Problematisch war am Anfang insbesondere, dass wir mit relativ wenigen Professuren das Geschäft machen mussten. Bis zum Jahr 2007, als ich Dekan wurde, gab es eigentlich nur acht Professuren - von denen meistens nur sieben besetzt waren. Unser gerade wiedergewählter Präsident hat die Aussage gemacht, eine anständige Fakultät fängt bei 12 Professuren an. Diese Marke habe ich mir gesetzt und wir haben sie dieses Jahr erreicht, sodass man sagen kann: Wir haben uns gut entwickelt!"
Welche weiteren Erfolge gab es?
"Wir wollten natürlich eine stärkere Wissenschaftlichkeit realisieren. Die Sportwissenschaft auch tatsächlich als Wissenschaft begreifen und nicht nur über Sport reden. Hier haben wir uns, auch durch die Berufungen der letzten Jahre, deutlich weiter entwickelt. Innerhalb der TU München wird zunehmend erkannt, dass wir wissenschaftlich einiges beitragen können. Als ich 2007 als frisch gewählter Dekan das erste Mal an einer Sitzung der erweiterten Hochschulleitung teilnahm, wurde ich von einem anderen Dekan gefragt, ob man denn über den Purzelbaum promovieren könne. Eine solche Frage ist heute kaum mehr zu erwarten. Auch wenn wir mit der Deutschen Sporthochschule in Köln, aufgrund unserer dann doch noch kleineren Zahl, sicher noch nicht mithalten können, sind wir auch bundesweit als leistungsstarke sport- und gesundheitswissenschaftliche Fakultät sichtbar."
Was unterscheidet die Fakultät für Sport - und Gesundheitswissenschaft von ihren Konkurrenten?
"Was uns besonders stark macht, auch durch die Hinzunahme des Aspekts ,Gesundheit´, ist, dass wir eingebunden sind in eine exzellente Universität - von internationalen Rankings her die beste deutsche Universität - mit anderen Fakultäten, die unsere Ansätze komplementieren oder teilweise auch komplettieren: die Medizin, die Ernährungswissenschaften in Weihenstephan und auch die vor wenigen Jahren gegründete TUM School of Education. Die Zukunft liegt ganz klar auch darin, Fakultätsgrenzen zu überschreiten. Wir haben in der TUM starke Partner, mit denen wir zusammen unsere Themen so gut angehen können, wie keine andere sportwissenschaftliche Einrichtung in Deutschland.
Zudem hat die Technische Universität erkannt, dass die Sozialwissenschaften notwendigerweise zu einer technischen Universität dazugehören. Es hat ein Umdenken stattgefunden. In unserer Fakultät haben wir das nun tatsächlich auch durch eine Neuberufung im Bereich Sozialwissenschaften umgesetzt."
Was denken Sie: Wohin entwickelt sich die Fakultät in den kommenden Jahren?
"Wir werden unsere grundlagenwissenschaftliche Orientierung weiter stärken, als Ergänzung zur ohnehin schon sehr guten Anwendungsorientierung. Das wird uns auch durch weitere Neuberufungen von Professoren sicherlich gelingen. Wir haben mit dem Bachelorstudiengang ,Wissenschaftliche Grundlagen des Sports´ schon heute einen sehr guten wissenschaftlichen Studiengang. Das ist auch ein Alleinstellungsmerkmal. Viele Studierende aus ganz Deutschland - auch von der Deutschen Sporthochschule Köln - kommen wegen der speziell wissenschaftlichen Orientierung zu uns. Wir hatten im letzten Jahr mehr als 1000 Bewerber. Und es steht zu erwarten, dass es noch mehr werden. Das spricht für sich.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind unsere Doktoranden, deren Zahl kontinuierlich ansteigt. Hier funktioniert unsere Graduate School mit ihren Angeboten sehr gut. Das Bewusstsein, dass promovieren hier an der sport- und gesundheitswissenschaftlichen Fakultät etwas sehr attraktives ist, nimmt zu. Wünschenswert ist, dass wir noch mehr internationale PHD-Studenten bekommen."
Wird die Internationalisierung auch auf anderen Feldern weiter vorangetrieben?
"Auf jedem Fall. Das ist eines unserer Hauptziele. Wir wollen weitere Partner finden, die zu uns passen. Also Top-Universitäten auf der ganzen Welt. Wir haben bereits sehr intensive Kontakte zur University of Queensland in Brisbane in Australien. Ich hoffe, dass wir unsere Kontakte zur University of Edinburgh noch ausbauen können und weitere amerikanische Universitäten gewinnen können.
Das bedeutet auch, dass unsere Lehre verstärkt international werden muss. Dass wir mehr englischsprachige Veranstaltungen in unser Angebot aufnehmen müssen. Das wird kommen. Die Hochschulleitung erwartet von uns - insbesondere bei den Mastern - dass die in den nächsten Jahren eigentlich komplett auf Englisch umgestellt werden. Daran müssen wir arbeiten, um zunehmend auch internationale Studierende für uns gewinnen zu können. Und natürlich gleichzeitig auch das Entree zu schaffen, dass unsere Studierenden dann bei diesen Partneruniversitäten kostenfrei studieren können."
Lassen Sie uns spekulieren. Wo steht die Fakultät in zehn Jahren?
"Schwierige Frage. Bis dahin werden wir wahrscheinlich unseren Neubau realisiert haben. Und damit endlich auch baulich eine stärkere Integration unserer Fakultät. Die Zusammenarbeit innerhalb der Fakultät - und damit sind nicht nur die einzelnen Lehrstühle und Fachgebiete gemeint, sondern insbesondere auch die für mich sehr wesentliche Verzahnung mit der Sportpraxis - wird nochmals deutlich konzentriert werden. Die Mitarbeiter in der Fakultät werden wesentlich enger zusammenrücken als bisher.
Ich denke, dass wir schon jetzt eine gewisse Aufbruchsstimmung haben, nachdem es in den vergangenen Jahren einige Unruhe gab, weil einiges umgebaut wurde und Unzufriedenheiten entstanden. Mittlerweile erkennt die Mehrzahl, dass wir gute Perspektiven geschaffen haben. Und ich glaube, dass wir es in der Tat schaffen können in den nächsten zehn Jahren, wenn wir dann vielleicht auch mal die Zahl von 20 Professoren knacken - und diese Chance besteht durchaus - dass wir dann in dem ursprünglichen Ziel näherkommen. Nämlich ein Gegengewicht zur Deutschen Sporthochschule in Köln zu sein. Das können wir sicherlich.
Außerdem denke ich, dass wir auf Seiten der wissenschaftlichen Qualifikation, mit unserem gut aufgestellten Portfolio und den Synergien mit den anderen Fakultäten, auch international zu den Top-Einrichtungen zählen werden."
Herr Dekan, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Fabian Kautz