Seit 1. Oktober ist Prof. Filip Mess Ordinarius der Professur für Sport- und Gesundheitsdidaktik. Der 38-Jährige studierte an der Universität Konstanz Sport und Mathematik für Lehramt. 2007 promovierte er in Konstanz zum Thema "Potenziale körperlich-sportlicher Aktivität im Hinblick auf soziale Integration von neuen Beschäftigten" und war in der Folge bis 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität.
Von 2012 bis 2014 vertrat Prof. Mess an der südlichsten Universität Deutschlands die Professur für Sportwissenschaft. 2014 habilitierte sich der im tschechischen Königinhof geborene am Karlsruher Institut für Technologie. Seine kumulative Arbeit umfasste insgesamt 17 Publikationen zum Themenfeld "Determinanten, Methoden und Wirkungen von körperlich-sportlicher Aktivität mit dem Fokus Gesundheitsförderung". Von Oktober 2014 bis September 2015 führte er an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd die Professur für Sportwissenschaft und Gesundheitsförderung.
Herr Prof. Mess: Welche Bedeutung hat für Sie der Ruf an die Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften der TU München?
"Der ist für mich sehr bedeutend. Die Hochschule hat national und international ein wahnsinniges Renommee, da ist es natürlich eine Ehre, an eine solche Hochschule berufen zu werden.
Gleichzeitig finde ich auch den Standort München sehr attraktiv - wenn ich mal die Hochschule und die Stadt trenne. München ist eine Weltstadt, gerade auch im Bereich Sport. Was sich hier an Spitzensport tummelt, ist super spannend."
Wie ist - nach rund drei Wochen - Ihr erster Eindruck von der Fakultät?
"Also zunächst freue ich mich, dass ich hier sehr freundlich aufgenommen wurde. Mein erster Eindruck ist, dass ich ganz viel Dynamik spüre. Nicht nur Aufbruch, sondern ein gemeinsames Ziel, etwas zu erreichen als Fakultät - und zwar nicht nur national. Denn da sind wir mit Rang zwei beim CHE-Ranking auf einem Spitzenplatz unter den Sportfakultäten. Ich denke das wollen wir noch ausbauen und dabei auch international sichtbarer werden. Das sind Ziele, mit denen ich mich sehr gut identifizieren kann."
Wo sehen Sie die besonderen Stärken der Fakultät?
"Wir haben - wenn wir voll besetzt sind - 14 Professuren. Und können dadurch mit unterschiedlicher fachlicher Schwerpunktsetzung gemeinsam an dem Gegenstand Sport arbeiten. Ich erhoffe mir interdisziplinäre Zusammenarbeiten und sehe das auch als große Chance. Über kurze Wege zu kooperieren, gemeinsam Ideen zu entwickeln um an der körperlichen und sportlichen Aktivität zu forschen."
In diesem Bereich werden Sie auch Ihren Forschungsschwerpunkt legen?
"Genau. Mein Forschungsfeld, wenn ich das mal in einen Satz fasse, ist: Determinanten und Wirkungen körperlich-sportlicher Aktivität mit Fokus Gesundheitsförderung. Also: Welche Faktoren beeinflussen die körperlich-sportliche Aktivität? Und wie müssen dann Programme gestaltet sein, damit möglichst viele den Zugang bekommen und lange dabei bleiben? Und das eben in den Settings Schule und Betrieb."
Haben Sie bereits Ideen für konkrete Projekte dazu?
"Wir haben zwei, drei, vier Forschungsschwerpunkte identifiziert. Zum einen die Aktivitätsforschung im Setting Schule. Wie viel Bewegungszeit haben die Kinder tatsächlich im Sportunterricht? Und hier beispielsweise das subjektive Belastungsempfinden objektiven Erfassungsmethoden gegenüberzustellen, etwa durch eine Messung mit einem Akzelerometer.
Ein weiteres großes Thema ist Bewegung, Spiel und Sport im Rahmen der Ganztagsschule."
Welche Entwicklungen sehen Sie hier?
"Nun, die zunehmende Umstellung auf die Ganztagsschule birgt nach meiner Wahrnehmung Chancen, aber auch Risiken. Beispielsweise stellt sich die Frage, ob die Ganztagsschule für den Sport und die Sportvereine eine Chance oder ein Risiko darstellt. Mit dieser Ambivalenz möchten wir uns intensiv auseinandersetzen. Da gibt es theoretisch ganz viele Vorarbeiten in Deutschland, aber nichts Empirisches. Wir wissen tatsächlich nichts über die Bewegungszeit im Rahmen der Ganztagsschule. Das geht auch in den Bereich der Lebensstilforschung."
Die auch zu ihren Themen gehören wird?
"Absolut. Da gibt es viele interessante Fragen: Welche Lebensstile stellen sich im Kindes- und Jugendalter in Deutschland ein? Welche Lebensstile sind möglicherweise gesundheitsgefährdend? Beispielsweise in Hinblick auf Übergewicht und andere Erkrankungsarten. Und welche sind besonders gesundheitsförderlich? Und dies nicht nur mit Blick auf körperlich-sportliche Aktivität, sondern auch unter Berücksichtigung von Ernährungsverhalten und beispielsweise auch Medienkonsum."
Neben der Schule ist das andere Setting der Betrieb?
"So ist es. Wir wollen und werden auch im Setting Betrieb, also mit Erwachsenen, forschen. Wie kann man da entsprechend gesundheitsfördernde Programme entwickeln und dann auch evaluieren? Das ist eine didaktische Fragestellung: Was muss man mit der Belegschaft inhaltlich und auch methodisch machen, damit sie möglichst lange aktiv bleibt? Damit die Nachhaltigkeit gewahrt wird und man vielleicht auch Zielgruppen in solche Programme bekommt, die weniger gesundheitsaffin sind."
Was bedeuten Sport und Bewegung für Sie persönlich?
"Also für mich ist es ein absoluter Ausgleich zu der sitzenden Tätigkeit, die wir hier in dem Beruf eben haben und gleichzeitig auch ein kreativer Freiraum. Deswegen liebe ich es in der Natur im Wald zu laufen. Mir kommen da ganz viele Ideen, weil ich meinen Gedanken freien Lauf lassen kann. Es ist nicht nur so, dass es ein körperlicher Ausgleich ist, sondern eben auch meine Kreativität fördert. Dreimal die Woche Laufen muss mindestens sein. Allerdings nicht nur zur Entspannung, sondern auch, um ein Stück weit Leistungssport zu betreiben. Also auch mit Bahntraining, Intervallläufen und Ähnlichem."
Haben Sie denn mal Leistungssport betrieben?
"Ich habe früher mal Handball und Tennis gespielt und bin Snowboarder. Aber aus familiären Gründen habe ich das irgendwann aufgehört, weil die Wochenenden dann natürlich für die Familie reserviert sind. So bin ich dann beim Laufen hängengeblieben und habe ab und an mal Wettkämpfe und Marathons gemacht, aber eher auf regionaler Ebene."
Herr Prof. Mess, vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Fabian Kautz