Nach der Europameisterschaft ist vor der Fußball Bundesliga Saison. Während einige EM-Stars noch im Urlaub sind, haben die meisten Spieler das Training wieder aufgenommen. Am Samstag, den 16. Juli 2016, kamen die Profis des FC Ingolstadt an die Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften sowie das Zentrum für Prävention und Sportmedizin. Zunächst absolvierte das Team des Erstligisten am von Prof. Dr. med. Martin Halle geleiteten Zentrum für Prävention und Sportmedizin die Jahresgrunduntersuchung. Danach wurden mit den Spielern im Prevention and Performance Lab (PPL) verschiedene sportwissenschaftliche Tests durchgeführt. Dafür hatte Thomas Blobel, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Lehrstuhls für Trainingswissenschaft und Sportinformatik von Ordinarius Prof. Dr. Martin Lames, extra für den Erstligisten vier Stationen konzipiert.
Grunduntersuchung: Risiko, beispielsweise für Herztod, minimieren
Die sportmedizinische Jahresgrunduntersuchung ist von der Deutschen Fußball Liga (DFL) vorgeschrieben und wird für Fußball-Profis vor jeder Saison durchgeführt. So soll beispielsweise das Risiko für einen plötzlichen Herztod minimiert werden.
"Die Grunduntersuchung besteht aus einer Überprüfung von Herztätigkeit und Lungenfunktion sowie einer allgemeinen internistischen Untersuchung", erklärt PD Dr. med. Johannes Scherr. Der Oberarzt leitet am Zentrum für Prävention und Sportmedizin den Bereich "Leistungssport" und führte die Untersuchung gemeinsam mit Prof. Dr. med. Florian Pfab durch, dem leitenden Mannschaftsarzt der Ingolstädter.
Körperliche Untersuchung, Ruhe- und Belastungs-EKG, Echokardiographie und Lungenfunktionstest
Dafür absolvierten die Profis um Kapitän Marvin Matip am Samstag vier Stationen, beginnend mit der körperlichen Untersuchung durch Mannschaftsarzt Prof. Pfab. Anschließend führte PD Scherr ein Ruhe-EKG (Elektrokardiographie) sowie Echokardiographie (Ultraschall des Herzens) durch. Danach erfolgte eine Messung der Lungenfunktion. In einer durchsichtigen Glasbox sitzend, pusteten die Spieler um Tobias Levels in ein ca. 30cm langes Röhrchen. Als letzte Station wurde das Belastungs-EKG durchgeführt. Auf einem Ergometer strampelten die Profis gegen Widerstände, die je zwei Minuten in 50-Watt Stufen erhöht wurden. Dabei wurde mittels Elektroden die elektrische Herztätigkeit aufgezeichnet und von Medizinern der Blutdruck gemessen.
"Die Grunduntersuchung ist eine wichtige Routineuntersuchung", bilanziert Prof. Pfab. 2009 habilitierte der Mannschaftsarzt des Fußball Erstligisten an der TU München und war nach einem Aufenthalt am Massachusetts General Hospital (Sportorthopädie und Radiologie) vier Jahre unter anderem am Zentrum für Prävention und Sportmedizin beschäftigt. Aus dieser Zeit stammt auch der Kontakt an die TUM. "Ich bin sehr froh, dass wir hierfür die TU München als Partner haben und die Infrastruktur der Universität nutzen können", so der gebürtige Münchner.
Prof. Pfab: "Athleten besser und objektivierbarer darstellen"
Pfab war zudem ein wichtiger Befürworter der zusätzlichen sportwissenschaftlichen Tests, die nach der Grunduntersuchung erstmals durchgeführt wurden. Dafür hatte Thomas Blobel, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Lehrstuhls für Trainingswissenschaft und Sportinformatik von Ordinarius Prof. Dr. Martin Lames, verschiedene Tests zusammengestellt - in Abstimmung mit Pfab und Christian Haser. Haser, Physiotherapeut, Osteopath und Heilpraktiker, leitet beim FC Ingolstadt gemeinsam mit Pfab die medizinische Abteilung.
"Wir möchten unsere Athleten immer besser und objektivierbarer darstellen und mit einem großen Schwerpunkt hinsichtlich der Prävention von Verletzungen arbeiten. So entstand die Idee, auch auf die sportwissenschaftlichen Messmethoden des Prevention und Performance Lab zurückzugreifen", erläutert Pfab. "Unser grundsätzliches Ziel ist, mehr Daten von unseren Spielern zu erhalten, um diese dann in der Prävention und auch Rehabilitation nach Verletzungen einsetzen zu können. Denn bisher beruht hier auch im Profi-Bereich sehr vieles auf Erfahrung und Gefühl", erläutert Haser. So entstand die Zusammenarbeit mit Thomas Blobel, der die Tests auf die Bedürfnisse der Fußballer abstimmte und dann zunächst mit den Jugend-Teams des Erstligisten testete, bevor am Samstag auch die Profis untersucht wurden.
Drop-Jumps, Kraftmessung, Körper-Scan sowie Gang- und Laufanalyse
Dafür konzipierte Blobel vier Stationen. Durch Drop-Jumps auf eine Kraftmessplatte wurde die Bodenkontaktzeit bestimmt. Dann wurde der Körper jedes Spielers mittels Body-Scan vermessen. "Der Body-Scan liefert präzise Daten, beispielsweise über Körpermaße und Umfänge der Muskelpartien wie der Wade, des Oberschenkels oder des Oberarms", erklärt Blobel. Als nächstes wurde im IsoMed 2000 Maximalkraft und Kraftausdauer für Hamstring und Quadriceps bestimmt. "Hier zeigen sich beispielsweise muskuläre Dysbalancen. Gemeinsam mit den Daten aus dem Bodyscan ergibt das ein recht präzises Bild der Statik unserer Spieler - und zeigt uns dann auch, wo wir präventiv tätig werden sollten", sagt Haser.
Die letzte Station bestand aus einer Gang- und Laufanalyse. Dafür wurden die Spieler an mehreren Gelenken mit Markern beklebt und gleichzeitig die Aktivität der Oberschenkelmuskeln mit mobilen EMGs gemessen. Dann bewegten sich die Spieler gehend und laufend über einen Laufsteg mit Kraftmessplatte. Diese Bewegungen wurden durch mehrere Kameras aufgezeichnet und gleichzeitig mittels biomechanischer Software am Computer modelliert. Ändert ein Spieler nach einer Verletzung sein Bewegungsmuster, können so bereits kleine Details detektiert werden - und gegebenenfalls entsprechende Veränderungen angeregt.
"Die Sportfakultät der TU München ist für uns ein perfekter Partner. Sie erlaubt uns in diesem Feld den Spitzensport mit universitärem Wissen zu verknüpfen und - mit Blick auf die erhobenen Daten - nochmals einen Schritt weiter gehen zu können", so Haser.
Interdisziplinarität als besondere Stärke der Fakultät
Für die Messungen wurde Blobel von sieben Bachelor- und Masterstudierenden der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften unterstützt. "Die Studenten haben wirklich tolle Arbeit geleistet. Es ist schon großartig, dass sie bereits so weit sind, dass man mit ihnen bedenkenlos Tests mit Bundesliga-Profis durchführen kann", bilanziert Blobel. "Ich finde, dass dieses Projekt auch in besonderem Maße die Stärke unserer Fakultät demonstriert: die Interdisziplinarität. Denn für die Konzeption der Messungen konnte ich gleich an verschiedenen Stellen auf Experten zurückgreifen. Beispielsweise von der Professur für Biomechanik, der Professur für Sportorthopädie, der Betriebseinheit für Angewandte Sportwissenschaft oder auch den umfangreichen Praxiserfahrungen mit der Anwendung unserer Technik durch das Lehr- Lernzentrum", resümiert der wissenschaftliche Mitarbeiter des Lehrstuhls für Trainingswissenschaft und Sportinformatik.
Bildergallerie zum TUM-Besuch des FC Ingolstadt
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Kontakt
PD Dr. med. Johannes Scherr
Zentrum für Prävention und Sportmedizin
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80992 München
Telefon: 089 289 24441
E-Mail: info(at)sport.med.tum.de
Thomas Blobel
Lehrstuhl für Trainingswissenschaft und Sportinformatik
Uptown München, Campus D
Georg-Brauchle Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24499
E-Mail: Thomas.Blobel(at)tum.de
Text: Fabian Kautz
Fotos: Fabian Kautz