Seit 1979 vergeben die Freunde der TUM e. V. der Technischen Universität München (TUM) Promotions- und Habilitationspreise, um die Leistungen der jungen TUM-Generation zu würdigen. Unter den diesjährigen Preisträgern ist mit Dr. Justinas Česonis auch ein Doktorand des Department Health and Sport Sciences. Der Preis ist mit 1.500 Euro dotiert.
Im Rahmen seiner kumulativen Promotion, die von Prof. Dr. David Franklin an der Professur für Neuromuskuläre Diagnostik betreut und mit Auszeichnung bestanden wurde, widmete sich der Ingenieurswissenschaftler der Thematik „Seeing the future is a fundamental skill: the influence of time-to-target in visuomotor control”. Dabei kombinierte Dr. Česonis Experimente an Menschen unter Verwendung von Robotersystemen und rechnerischen Modellierungsansätzen, um neue Ideen zur Berechnung der zugrundeliegenden Prozesse bei der Steuerung von Bewegungen aufgrund visueller Eindrücke zu entwickeln. Ein spezieller Fokus lag auf dem neuartigen Verständnis, dass die Zeit bis zum Ziel einen wichtigen Steuerungsinput bei der visuomotorischen Kontrolle und der optimalen Feedbackkontrolle darstellt. Zudem wurde ein neues Rechenmodell präsentiert, das die genaue Modellierung von Greifbewegungen ermöglicht.
„Der TUM-Promotionspreis ist eine schöne Würdigung meiner Arbeit und Leistung“, freut sich Dr. Česonis. „Es ist toll, diese Auszeichnung zu gewinnen, nachdem ich viel Aufwand und Zeit in meine Forschung investiert habe. Bereits bei der Einreichung meiner Promotion war ich schon stolz, umso schöner ist es aber jetzt, auch eine externe Bestätigung zu erhalten. Insbesondere bedanken möchte ich mich bei meinem Doktorvater David Franklin für seine Unterstützung.“
Die Dissertation basiert auf fünf Forschungsarbeiten. Die ersten drei Studien beziehen sich auf das menschliche Kontrollverhalten beim zielgerichteten Greifen. So wurde in der ersten Studie die Optimalität menschlicher Greifbewegungen in Gegenwart visueller Störungen untersucht. Im Rahmen der zweiten Studie wurde eine rechnerische Implementierung vorgeschlagen, um eine genaue Schätzung der Zeit bis zum Ziel in zukünftigen Handlungen zu erhalten. In der dritten Studie wurden dann Proband_innen in zwei separaten Aufgaben getestet, bei welchen unterschiedliche Feedback-Controller nötig waren. Dabei wurde gezeigt, dass das menschliche Verhalten gut mit den Vorhersagen eines sogenannten „Mixed-Horizon-Modells“ übereinstimmt.
In der vierten und fünften Studie erforschte Dr. Česonis die Mechanismen der visuomotorischen Rückkopplungskontrolle beim Balancieren. Dafür wurde ein neuartiger Versuchsaufbau mit einem simulierten umgekehrten Pendel auf einem Wagen eingeführt, der es ermöglichte, flexibel verschiedene Störungen im Versuchsaufbau zu induzieren. In der vierten Studie wurde speziell das menschliche Kontrollverhalten eines solchen Pendels unterschiedlicher Länge evaluiert und gezeigt, dass es mit dem Gleichgewicht eines vollmechanischen Pendels übereinstimmt. In der fünften Studie wurde schließlich das visuelle Feedback verzerrt, das in einer ähnlichen Balancieraufgabe vorhanden ist, um zu zeigen, dass die Teilnehmer_innen die stabilste Kontrolle dann erzeugten, wenn das visuelle Feedback am besten mit dem dynamischen Verhalten des Pendels übereinstimmte.
„Die Forschung von Justinas Česonis befindet sich an der Schnittstelle zwischen Technik und Life Sciences. Seine Promotionsarbeit ist eine schöne Mischung aus Robotik-Kontrolltheorie und menschlicher Physiologie“, so Prof. Franklin. „Ich bin sehr stolz, dass er dafür nun den Promotionspreis der TUM gewonnen hat, den er sich wirklich verdient hat. Zudem ist es auch schön, zu zeigen, dass wir sowohl in unserem Fachbereich als auch am gesamten Department Spitzenforschung betreiben, die von der TUM auch gewürdigt wird.“
Die Freunde der TUM e. V. unterstützen die Technische Universität München in Wissenschaft, Forschung und Lehre und haben sich insbesondere die Förderung des akademischen Nachwuchses zum Ziel gesetzt. Damit fördert er an der TUM die lange Tradition exzellenter Forschung in Naturwissenschaft und Technik, Innovation und Experimentierfreude, Integrität und Weltoffenheit, soziale Kompetenz und Familienfreundlichkeit und eine vertrauensvolle und zukunftsgerichtete Ausbildung junger Menschen. Bereits 1922 wurde der „Bund der Freunde der Technischen Hochschule München“ gegründet. Heute gehören dem Bund über 2.000 Einzelmitglieder und 60 Unternehmen und Verbände an.
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Kontakt:
Prof. Dr. David Franklin
Professur für Neuromuskuläre Diagnostik
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Tel.: 089 289 24583
E-Mail: david.franklin(at)tum.de
Text: Romy Schwaiger
Fotos: privat/Freunde der TUM e. V.