Yvonne Kuhnke ist mit dem mit 4.000 Euro dotierten ConSozial Wissenschaftspreis in der Kategorie "Nachwuchs" ausgezeichnet worden. Die 28-Jährige promoviert am Lehrstuhl für Diversitätssoziologie von Ordinaria Prof. Elisabeth Wacker.
Die Messe ConSozial findet jedes Jahr Anfang November in Nürnberg statt. Ziel ist die Verknüpfung aus Wirtschaft und Sozialem zu fördern. "Die ConSozial ist eine der beiden deutschlandweiten Leitmessen auf diesem Gebiet", erklärt Wacker. Der Wissenschaftspreis wird alle zwei Jahre in den Kategorien "Nachwuchs", "Wissenschaft" und "Lebenswerk" verliehen. Der Preis wurde Kuhnke im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung am Mittwoch, den 5. November, von der Bayerischen Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, Emilia Müller, übergeben. "Das Projekt von Frau Kuhnke hat eine hohe wissenschaftliche Qualität und ist sehr anschlussfähig für die Praxis, weil die Arbeit an wichtige Fragen zum Thema demographischer Wandel anschließt. Insgesamt ist es eine richtungsweisende empirische Studie", bilanziert Prof. Wacker.
Studie zu Mehrgenerationen-Wohnprojekten
Deutschland wird zunehmend älter. Der demografische Wandel birgt zahlreiche Herausforderungen. So kann im sozialen Bereich etwa die Altenpflege mit hohen Kosten verbunden sein. Als eine Lösungsmöglichkeit werden oft Mehrgenerationen-Wohnprojekte präsentiert. Die Idee: Die verschiedenen Generationen sollen subsidiär leben und so gegenseitig Probleme lösen. Doch funktioniert das Konzept tatsächlich? Und welche Hilfeleistungen können in der Praxis identifiziert werden? "Die Studie zeigt das breite Feld an der Grenze zwischen Gesundheits- und Sozialwissenschaften, das wir mit unserem Lehrstuhl abdecken und die Vielzahl der relevanten Fragen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen, die wir beantworten", sagt Wacker.
21 Befragte, 3 Wellen
In ihrer Masterarbeit evaluiert Kuhnke ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt in einer mehrstufigen Fragebogenerhebung und untersucht, welche Hilfen und Unterstützungen in der Praxis tatsächlich bestehen. Insgesamt nahmen 21 der 93 erwachsenen Bewohner_innen an der mehrstufigen Fragebogenerhebung teil. "Ich habe die Fragebögen, angelehnt an das Delphi-Verfahren, in drei Wellen ausfüllen lassen und den Befragten dann ihre Aussagen jeweils vor der nächsten Befragung nochmals vorgelegt, und sie darum gebeten, ihre Statements zu kommentieren", erläutert Kuhnke.Die Items des Fragebogens wurden auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellt. So konnte anschließend auf dieser Basis analysiert werden, welche nachbarschaftlichen Hilfen tatsächlich geleistet wurden. Außerdem wurden subjektive Erklärungen der Bewohner_innen zu förderlichen und hinderlichen Rahmenbedingungen für die nachbarschaftliche Hilfe erhoben.
Warnung vor überzogenen Erwartungen
Das Ergebnis: Die Bewohner_innen des Projekts unterstützen sich auf sehr unterschiedliche Art und Weise, beispielsweise im Haushalt, beim Lernen oder im Gemeinschaftsleben. Insgesamt muss die Idee des Mehrgenerationenwohnens auch kritisch gesehen werden. Denn: "Ein Großteil der nachbarschaftlichen Hilfen sind sogenannte ,Schönwetter-Beziehungenʹ. Das sind kleine Hilfen, die mit relativ geringem Aufwand verbunden sind", so Kuhnke. Weitergehende Unterstützungen, die beispielsweise Pflegeleistungen durch den Staat ersetzen könnten, seien nicht feststellbar gewesen. Insgesamt warnt die Preisträgerin davor, "die Mehrgenerationen-Wohnprojekte mit zu großen Erwartungen aufzuladen. Im besten Fall schaffen die Projekte ähnliche Bedingungen, wie wir sie auch in gut funktionierenden Nachbarschaften finden."
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Kontakt:
Yvonne Kuhnke
Lehrstuhl für Diversitätssoziologie
Campus D
Georg-Brauchle Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24472
E-Mail: Yvonne.Kuhnke(at)tum.de