"Eine Revolution der Sprintdiagnostik", so bezeichnet Prof. Dr. Martin Lames, Ordinarius des Lehrstuhls für Trainingswissenschaft und Sportinformatik, das Projekt "Funkbasierte Laufdiagnostik in der Leichtathletik". Bis Ende Februar 2018 fördert das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) den Lehrstuhl dafür mit rund 100 000 Euro. Für die Untersuchung kooperiert das Team von Prof. Lames mit dem Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen (IIS) in Nürnberg sowie dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV).
Status quo: Keine ausreichende Präzision der Messgeräte
Die Sprint-Disziplin ist die schnellste der Leichtathletik. Schritte werden rasant aufeinander folgend gesetzt. "Die Dauer eines Bodenkontakts im Sprint ist kleiner als eine Zehntelsekunde. Zwischen 75 und 95 Millisekunden", erklärt Lames. Dementsprechend hoch ist die Anforderung an Messgeräte.
Bisherige Analysen erstrecken sich nur auf Schrittlänge und -frequenz und beziehen sich dabei entweder auf Positionserfassungen, deren Präzision nicht immer ausreichend ist, oder aufwändige Videoanalysen. Die kommen aber nur im Training oder der Nachbereitung von Wettkämpfen zum Einsatz. "Direkt nach einem Rennen müssen sich Athlet_innen auf das eigene Gefühl verlassen", analysiert Lames.
"RedFIR"-Anwendung im Sprint
Das ändert sich nun durch das BISp-Projekt. "Wir wollen im Rahmen des Projekts die Wettkampfdiagnostik für die Sprintdisziplin deutlich weiterentwickeln und den DLV-Athleten dann Daten zur Verfügung stellen, die vorher nicht messbar waren. Und das erstmals auch in Echtzeit, sodass Analysen im Wettkampf direkt nach einem Lauf möglich werden", sagt Lames.
Dafür wird das System "RedFIR" erstmals für eine Individualsportart angewendet. "RedFIR" wurde vom Fraunhofer IIS entwickelt und ist ein portables, radarbasiertes System zur hochauflösenden Erkennung von Positionsdaten. "Das System sendet mit 50.000 Hertz - also 50.000 Mal pro Sekunde - und ist damit in der Lage, sehr viel präzisere Daten zu generieren als bisherige Geräte", erläutert Daniel Linke, der das Projekt am Lehrstuhl für Trainingswissenschaft und Sportinformatik betreut. So können Bodenkontaktzeit, Schrittlänge, Schrittfrequenz und Flugzeit über die gesamten 100 Meter in einer völlig neuen Datenqualität erhoben und dann analysiert werden.
Aus Daten und Algorithmen werden Gangparameter und Empfehlungen
Für die Messungen werden Sender im Schuh und auf dem Rücken des Athleten angebracht. Erste Tests mit vier Arten von Sendern verliefen bereits vielversprechend. Sobald die optimale Position und Art des Senders gefunden wurde, beginnt die Datenerhebung. In einem zweiten Schritt werden diese dann weiter analysiert. "Wir wollen Algorithmen bestimmen und daraus Gangparameter ableiten, um noch präziseres Feedback für Leichtathleten zu ermöglichen", sagt Linke.
"Wir erleben in zahlreichen Bereichen des Spitzensports gerade einen Durchbruch der Sensortechnik, die ganz neue Datenerhebungen ermöglicht. Hierbei wollen wir weiterhin in der ersten Reihe stehen", bilanziert Lames. So ist bereits ein Aufstockungsantrag für das bestehende Projekt genehmigt, mit dem Einsätze beim 400 Meter-Lauf, dem Hürden-Sprint sowie dem Staffel-Lauf realisiert werden könnten. Die so gewonnenen Daten und Erkenntnisse werden dann direkt an die Praktiker_innen im Leistungssport weitergegeben. Und führen vielleicht eines Tages zu Olympischen Medaillen...
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Kontakt:
Daniel Linke
Lehrstuhl für Trainingswissenschaft und Sportinformatik
Uptown München, Campus D
Georg-Brauchle Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24502
E-Mail: Daniel.Linke(at)tum.de
Text: Fabian Kautz
Fotos: TUM/Linke