Die Fakten sind erschreckend. Statistisch gesehen erkrankt nahezu jeder dritte Deutsche im Laufe seines Lebens an Krebs. Doch diese Diagnose muss noch lange nicht das Ende sein. Denn: Mehr als die Hälfte überleben die Krebserkrankung dauerhaft. Besondere Bedeutung in der Therapie kommt dem Sport zu. "Mit dem ersten Tag der Diagnose muss das Training beginnen", fordert Prof. Martin Halle, Prodekan der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften und Ordinarius des Lehrstuhls für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin.
Am 24. und 25. Oktober hat der Lehrstuhl von Prof. Halle das internationale Symposium "Sport und Krebs" ausgerichtet, um über den positiven Einfluss des Sports zu informieren und den wissenschaftlichen Diskurs anzuregen.
Sport: Hemmung der Krebsbildung
"Sport ist nicht nur Sport, sondern aktiviert Mechanismen im Körper - und hier insbesondere in den Muskeln", erläutert Halle. Tatsächlich wurde in neuen Studien nun erstmals ein interessanter Wirkmechanismus nachgewiesen. Vereinfacht gesagt werden durch Bewegung Stoffe - Myokine - in den Muskeln freigesetzt. Diese aktivieren eine Kette von Reaktionen. In letzter Konsequenz führt diese dazu, dass die Bildung von Polypen, aus denen Krebskarzinome werden können, im Darm gehemmt wird und dadurch auch die Entstehung von Krebs.
Der Kongress am Klinikum rechts der Isar wurde von Halle bereits 2008 ins Leben gerufen, gemeinsam mit Prof. Dr. med. Michael H. Schoenberg, dem Ärztlichen Direktor des Münchner Rotkreuz-Klinikums. Das Konzept beruht auf zwei Säulen: Zum einen werden Fortbildungsveranstaltungen für Praktiker_innen angeboten. Rund 100 Übungsleiter_innen, Physiotherapeut_innen, Psycholog_innen und Mediziner_innen besuchten diese am Freitag. In einer anschließenden Podiumsdiskussion wurden aktuelle Kenntnisse präsentiert und diskutiert.
Krebs: ganzheitliche Betrachtung
Am wissenschaftlichen Teil des Symposiums unter dem Motto "Update Theorie" nahmen am Samstag rund 170 Wissenschaftler_innen teil, darunter internationale Spitzenkräfte. "Die Resonanz auf den Kongress war sehr positiv und wir haben ein großes Publikum erreicht", freut sich Nina Schaller vom Lehrstuhl für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin. Erstmals wurde ein besonderer Fokus auch auf das Thema "Ernährung" gelegt. Erkenntnisse zu diesem Gebiet wurden beispielsweise von Prof. Hans Hauner erläutert, dem Ordinarius des Lehrstuhls für Ernährungsmedizin der TU München. "Uns ging es zum einen darum, Spotlights auf einzelne Studien zu werfen, gleichzeitig aber auch das Thema Krebs relativ ganzheitlich zu betrachten, neben der Bewegung also auch die Ernährung zu berücksichtigen", sagt Schaller.
Nach der Diagnose Krebs steckten viele den Kopf in den Sand, so Halle. "Durch den Sport können wir sie aus der Passivität zwischen Krankheit und Chemotherapie herausholen und gleichzeitig die Gesundheit fördern", erklärt der habilitierte Sportmediziner. So kann den Patient_innen vermittelt werden, dass sie trotz der Diagnose weiterhin im Leben stehen, vieles funktioniert und darüber ein Stück Normalität erreicht werden.
Sport in der Therapie: Interdisziplinäre Spezialist_innen
Die Trainingsprogramme erfordern dabei individuelle Anpassungen. Denn nicht jeder Patient kann die gleichen Übungen durchführen - beispielsweise wenn durch Brustkrebs Schwellungen am Armbereich oder Metastasen am Knochen vorhanden sind. "Es gibt ein breites Spektrum von Krankheitsbildern, die individuelle Lösungen erfordern", weiß Halle. Eine ideale Therapie erfordert deswegen die interdisziplinäre Zusammenarbeit zahlreicher Spezialist_innen. Wie das aussehen kann, skizziert der Prodekan der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften: "Der Arzt stellt die Diagnose und führt die Chemotherapie durch. Ein Sportmediziner entwickelt Vorgaben für eine Trainingsplanung, die ein Sportwissenschaftler dann konkretisiert und in der Praxis umsetzt. Ein Gesundheitswissenschaftler bringt seine Kompetenzen im Bereich der Rehabilitation und der Teilhabe ein: Wie kann beispielsweise die Integration in das Arbeitsleben aussehen? Welche Implikationen sind nötig?"
Großes Medienecho
Wie bedeutend das Thema ist, unterstreicht auch das mediale Echo. Bereits am Freitag berichtete die Münchner Abendzeitung auf ihrer Titelseite über den Kongress, am Samstag wurde das Thema auf der Titelseite der TZ berücksichtigt, der Bayerische Rundfunk sendete einen Radiobeitrag auf Bayern 1.
"Es ist ein wissenschaftliches Feld im Aufwind mit einem riesigen Potenzial, auch für weitere Studien. Ein Feld, in dem sich unsere gesamte Fakultät mit ihrer besonderen Stärke - der Interdisziplinarität - profilieren kann. Von der Biomechanik bis zur Psychologie und der Diversitätssoziologie bis zur Trainingslehre", bilanziert Halle.
Zum Online-Artikel der Abendzeitung
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Kontakt:
Prof. Dr. med. Martin Halle
Lehrstuhl für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin
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