Kaste hat mehr Gewicht als das Gesetz
Indien ist eine der hierarchischsten Gesellschaften der Welt. Die indische Verfassung verbietet die Diskriminierung von Bürgern aufgrund ihrer Kaste. Die Realität sieht jedoch anders aus und die wirtschaftlichen, schulischen, beruflichen und sozialen Möglichkeiten für Angehörige niedrigerer Kasten sind erheblich eingeschränkt.
Unter dem Titel "Large and Persistent Life Expectancy Disparities Between India's Social Groups" untersuchte Prof. Dr. Nikkil Sudharsanan von der Professur für Behavorial Science for Disease Prevention and Health Care nun, ob sich diese ungleichen Bedingungen auch auf die Lebenserwartung in Indien auswirken. Die Studie wurde kürzlich in der Zeitschrift "Population and Development Review", einem der führenden Journals für Bevölkerungsstudien, veröffentlicht.
Forderung nach besserer Gesundheitsversorgung und Beachtung der sozialen Bedingungen für Randgruppen
Dank einer neuartigen Analyse von Routinedaten aus Haushaltserhebungen konnten die Forscher erhebliche Unterschiede in der Sterblichkeit über alle Altersgruppen hinweg aufzeigen. Es gab nicht nur große soziale Klassenunterschiede bei der Säuglingssterblichkeit, sondern die Sterblichkeitskluft zwischen marginalisierten und privilegierten sozialen Gruppen setzte sich über den gesamten Lebensverlauf fort.
"Privilegierte Frauen haben eine um bis zu 4,4 Jahre höhere Lebenserwartung als Frauen, die einer marginalisierten Gruppe angehören. Bei Männern ist der Unterschied mit fast sieben Jahren noch größer", fasst Prof. Sudharsanan die zentralen Ergebnisse zusammen.
Dementsprechend fordert der Experte Maßnahmen, um diese großen gesundheitlichen Ungleichheiten in Indien zu verringern: "Die Unterschiede in der Lebenserwartung haben sich in den letzten 20 Jahren nicht verringert. Wir müssen dringend Lösungen finden, aber wir sollten uns nicht nur auf das Gesundheitssystem konzentrieren, sondern auch auf die breiteren strukturellen Ursachen gesundheitlicher Ungleichheit."
Zur Studie "Large and Persistent Life Expectancy Disparities between India's Social Groups"
Zur Homepage der Professur für Behavorial Science for Disease Prevention and Health Care
Kontakt:
Prof. Dr. Nikkil Sudharsanan
Rudolf Mößbauer Professur für Behavioral Science for Disease Prevention and Health Care
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Tel.: 089 289 24990
E-Mail: nikkil.sudharsanan(at)tum.de
Text: Gianna Banke
Fotos: "Population and Development Review"/privat