Prof. Dr. Henning Wackerhage hat an der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften seit Februar die Professur für Sportbiologie übernommen. Der 49-Jährige studierte Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS). Als Triathlet gewann der gebürtige Niedersachse die Deutsche Hochschulmeisterschaft und zählte als Dritter bei der Deutschen Meisterschaft zur nationalen Spitze. Nach dem Studium promovierte Prof. Wackerhage 1996 an der DSHS und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zum Thema "Kontrolle der mitochondrialen Atmung in der Skelettmuskulatur".
Im Anschluss wechselte der Physiologe 1997 als "Lecturer" ins englische Preston, wo er an der University of Central Lancashire die Sportphysiologie aufbaute. Es folgte zunächst eine Station an der schottischen University of Dundee und dann 2005 für zehn Jahre eine Berufung als "Senior Lecturer" und dann "Reader" an die University of Aberdeen.
Herr Prof. Wackerhage, was sind für Sie die Stärken der TU München?
"Die TU München ist eine sehr innovative Universität und war beispielsweise im QS-Ranking die beste Universität in Deutschland. Und die TU München ist eine Hochschule, die die Umstellung zur Internationalisierung sehr konsequent verfolgt, auch indem von tradierten Formen in Deutschland abgewichen wird - also beispielsweise fast nur deutsche Wissenschaftler einzustellen. Stattdessen wird versucht, auch international zu konkurrieren. Und das bietet eben die Möglichkeit, in Richtung Harvard, Cambridge oder Oxford zu schauen - anstatt sich nur an deutschen Universitäten zu messen."
Wo werden Sie an der TUM Schwerpunkte setzen?
"Im Bereich der Sportbiologie ist mein Fachgebiet zunächst einmal die molekulare Sportbiologie. Dieses relativ neue Feld hat zwei Hauptinhalte. Erstens die molekularen Mechanismen, die die Leistungs- und Gesundheitsanpassungen an sportliche Belastung regulieren und zweitens Genetik in Bezug auf Sport, z. B. die DNA-Varianten, die sportliches Talent kodieren.
Meine Leidenschaft ist in den letzten Jahren der Hippo Pathway in der Muskulatur geworden und dies wird der Schwerpunkt unserer Forschung sein."
Zu diesem Thema haben Sie bereits in Schottland geforscht. Ihre Gruppe war die erste, die das Hippo in der Muskulatur nachweisen konnte und zählt international zu den führenden Forschungsgruppen in diesem Bereich. Wofür steht der Begriff "Hippo"?
"Der Name Hippo geht auf ein Gen zurück, das die Zellnummern in der Fliege kontrolliert. Wird das Hippo-Gen in der Fliege manipuliert, dann wächst das Gewebe und sieht wie die Haut von einem Hippo (Nilpferd) aus, daher der Name. Der Hippo Pathway reguliert generell Zellnummern, was für die Entwicklung, für Stammzellen, das Organwachstum aber auch Krebs wichtig ist.
Es stimmt, wir sind hier eine der ganz wenigen Gruppen, die Hippo in der Muskulatur untersuchen. Wir vermuten, dass Hippo wahrscheinlich ein ganz wichtiger Regulator für Anpassungen an Sport und Bewegung ist. Gleichzeitig sind defekte Hippo-Proteine aber auch wichtig bei Muskelerkrankungen. Beispiele hierfür sind Muskelkrebs - also Rhabdomyosarcoma - und eventuell die muskuläre Dystrophie."
Zu diesen Themen werden Sie auch an der TUM forschen?
"Ganz genau. Unser Ziel ist, den Hippo Pathway in der Muskulatur zu untersuchen - insbesondere in Bezug auf Leistungs- und Gesundheitsanpassungen an sportliche Belastung. Hippo-Proteine werden nämlich durch viele Reize, die bei sportlicher Anpassung auftreten, moduliert. Wir glauben daher, dass sie zur Muskelregeneration nach Sportverletzungen, und zur Anpassung an Ausdauer- und Krafttraining mit beitragen."
Welche Kooperationen streben Sie dabei an?
"Wir haben für diese Themen an der TU München hervorragende Partner. Beispielsweise Kollegen in Weihenstephan, mit denen wir das regulatorische Hippo-Netzwerk in der Muskulatur charakterisieren wollen. Gleichzeitig könnten wir auch im Bereich der Krebsforschung kooperieren, da Hippo zum Muskelkrebs mit beiträgt."
Gibt es bereits konkrete Ideen für Kooperationspartner innerhalb der Fakultät?
"Ich denke, dass Prof. Halle mit den Zentrum prevenTUM und dem Engagement im Präventionssport ein potenziell wichtiger Kooperationspartner wird. Prof. Halle arbeitet ja auch zum Muskelaltern und zum Themenfeld ‘Krebs und Bewegung’."
Welche Themen werden Sie unseren Studierenden in der Lehre vermitteln?
"Mein Gebiet wird hier natürlich auch die Sportbiologie sein. Und das Feld, in dem ich von der Forschung her am stärksten unterrichten kann, wird dann die molekulare Sportbiologie oder Sportphysiologie sein. Dazu habe ich auch zwei Lehrbücher geschrieben und demnächst kommt auch ein deutschsprachiges in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Wien heraus.
Studenten sind oft etwas nervös, wenn man sagt: ͵Moleküleʹ. Das klingt so kompliziert. Ich denke, das kann man auch einfach, interessant und praxisrelevant unterrichten. Mein Ziel ist dementsprechend, Themen sehr praxisnah zu vermitteln und dies hat in Schottland eigentlich immer gut funktioniert."
Haben Sie dafür ein Beispiel?
"Sehen Sie sich sportliches Talent an. Das beruht auf Variationen in der DNA- Sequenz. Ein Beispiel hierfür ist die Körpergröße, die zum Beispiel bei NBA-Basketballern ein Hauptfaktor ist. Körpergröße ist zu etwa 80% vererbt und die DNA-Sequenz-Varianten, die die Körpergröße beeinflussen, sind mehr und mehr bekannt. Und hier möchte ich dann, dass die Studenten verstehen, dass Talent eben von DNA-Sequenz-Variationen abhängt. Das ist eines der Themen, die ich mit Enthusiasmus unterrichten möchte."
Ihre Hauptsportart war früher der Triathlon. Ist das auch in Schottland so geblieben?
"Das hat sich etwas verändert. Dort gibt es andere Sportarten, die auch sehr attraktiv sind. In den letzten Jahren sind für mich dann eher Bergwandern, Klettern, Eisklettern und Sea-Kajaking zum Hobby geworden."
Für diese Sportarten ist München kein ganz schlechter Standort.
"Das war strategisch auch wichtig [lacht]. Der Hauptgrund nach München zu kommen, war die Qualität der TU München als eine international führende Universität mit phantastischen Kooperationsmöglichkeiten. Aber die Berge oder das Meer hätten schon in der Nähe sein müssen. Schön, dass es die Berge sind. Ich werde also auch ein aktiver Sportbiologe sein und nicht nur ein Theoretiker mit dickem Bauch [lacht]."
Kontakt:
Prof. Dr. Henning Wackerhage
Professur für Sportbiologie
Uptown München, Campus D
Georg-Brauchle Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24480
E-Mail: Henning.Wackerhage(at)tum.de
Interview: Fabian Kautz
Foto: TUM