Die Ergebnisse wurden unter dem Titel „Obesity Genes and Weight Loss During Lifestyle Intervention in Children With Obesity“ im Journal „JAMA Pediatrics“ veröffentlicht. Die Fachzeitschrift hat einen Impact Faktor von 13,9 und ist damit das am höchsten gerankte pädiatrische Journal weltweit.
„Das ist für unsere Publikation und insbesondere die Erstautorin Dr. Melanie Heitkamp natürlich ein Ritterschlag, dass die Ergebnisse der Studie zusammen mit einem Editorial in JAMA Pediatrics veröffentlicht wurden“, freut sich Prof. Dr. Halle.
Genomweite Vorgängerstudien hatten genetische Loci, also die physische Position eines Gens im Genom, identifiziert, die das Adipositas-Risiko bei Kindern beeinflussen. Die Bedeutung dieser Loci im Zusammenhang mit Gewichtsreduktion durch Interventionen im Alltag wurde jedoch bislang noch nicht in größeren Studien erforscht. Das Ziel war daher, Assoziationen zwischen verschiedenen Loci, die mit Adipositas in Zusammenhang stehen, und Veränderungen des Körpergewichts bei Kindern im Rahmen eines Interventionsprogramms während eines stationären Klinikaufenthalts zu untersuchen.
An der LOGIC-Studie („Long-Term Effetcs of Lifestyle Intervention in Obesity and Genetic Influence in Children“), die zwischen Januar 2006 und Oktober 2013 durchgeführt wurde, nahmen 1.429 Kinder mit Übergewicht oder Adipositas teil. Die Proband_innen waren in ein vier- bis sechswöchiges standardisiertes Interventionsprogramm während eines stationären Klinikaufenthaltes mit täglicher körperlicher Aktivität, einer kalorienreduzierten Diät sowie Verhaltenstherapie involviert. Im Zuge dessen wurde eine Genotypisierung von 56 Adipositas-Einzel-Nukleotid-Varianten durchgeführt.
Von den 1.429 Teilnehmer_innen wurden 1.198 (670 Mädchen, 528 Jungen) genotypisiert. Im Schnitt nahmen die Kinder 8,7 Kilogramm an Körpergewicht im Rahmen des Interventionsprogramms ab, zudem reduzierte sich der Body-Mass-Index (BMI) um 3,3 kg/m². Von den 56 untersuchten Adipositas-Einzel-Nukleotid-Varianten waren fünf statistisch signifikant verbunden mit einer Veränderung des Körpergewichts bzw. des BMI.
„Das Besondere an dem Untersuchungsdesign ist, dass nicht nur ein paar 100, sondern mehr als 1.000 Kinder an dem Interventionsprogramm teilgenommen haben“, erklärt Prof. Halle. „Insofern sind die Ergebnisse im Rahmen einer solchen Kohortenstudie schon sehr aussagekräftig.“
Das Forscherteam um Dr. Heitkamp, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin, konnte anhand der Studie herausfinden, dass Gene eine eher untergeordnete Rolle im Rahmen der Gewichtsabnahme bei Kindern mit Übergewicht oder Adipositas spielen. Die Ergebnisse deuten eher darauf hin, dass Umwelt-, Sozial- und Verhaltensfaktoren eine größere Bedeutung für Strategien zur Behandlung von Adipositas haben.
„Unsere Hypothese, dass Gen-Loci, die mit einem erhöhten Body-Mass-Index zusammenhängen, auch zu schlechterer Gewichtsreduktion führen, wurde zwar nicht bestätigt, die Ergebnisse haben aber trotzdem viel Aussagekraft“, betont Dr. Heitkamp. „Im Zuge der Untersuchungen hat sich nämlich gezeigt, dass zwei Gene mit einer schlechteren und drei Gene mit einer besseren Gewichtsabnahme assoziiert sind. Unsere Empfehlung ist daher, weitere Adipositas relevante Polymorphismen zu beleuchten und dies auch breit gefächert zu tun.“