Gesundheitstourismus innovativ und generationsübergreifend neu gedacht – das ist das Ziel des neuen Projektes „Connect2Move: Wandern fürs Herz“ des Lehrstuhls für Präventive Pädiatrie von Ordinaria Prof. Dr. Renate Oberhoffer-Fritz. Unter der Federführung der TU München wird die Studie grenzüberschreitend in Deutschland und Österreich durchgeführt. Finanziert wird das Projekt von „INTERREG“, einer Gemeinschaftsinitiative des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, welche auf die Förderung der Zusammenarbeit zwischen EU-Mitgliedstaaten und benachbarten Nicht-EU-Ländern abzielt.
In den beiden Gemeinden Aschau im Chiemgau und Werfenweng im Salzburger Land sollen innerhalb des Projektzeitraumes vorhandene Wanderwege durch einen „Open Innovation“-Ansatz neu kartographiert werden, indem die individuelle Belastungsintensität berücksichtigt wird.
Als Partner konnte die Salzburg Research Forschungsgesellschaft gewonnen werden, die vor allem die touristische Bedarfsanalyse und die Workshops mit den beteiligten Partnern begleiten wird sowie die mathematische Modellierung der Georeferenzdaten in Bezug zu den leistungsphysiologischen Daten unterstützt.
Im Rahmen einer gemeinsamen explorativen Multicenterstudie arbeiten der Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie, die St. Irmingard Klinik in Prien am Chiemsee und die Ludwig Boltzmann Gesellschaft (Institut für Digital Health und Prävention) gemeinsam mit dem sportmedizinischen Institut der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg an der Etablierung und Evaluation eines ein Kilometer langen Cardiotrekking-Testtrails. Zusätzlich sollen die Belastungskategorien auf einem jeweils acht Kilometer langen Cardiotrekking-Herzwanderweg in Deutschland und Österreich verifiziert werden.
Es handelt sich dabei um ein innovatives Konzept für den Gesundheitstourismus, welches im Bereich der Kommunikation und des Marketings durch Alpine Pearls, einem Tourismusverein bestehend aus 21 Partnerregionen, begleitet wird.
Im Rahmen des Projekts beschäftigt sich das Forscherteam mit der Entwicklung einer neuen Dienstleistung zur Feststellung der persönlichen Herzgesundheit und Herzfitness. Dabei soll Gesundheitsprävention neugestaltet werden.
„Wandern ist eine ideale Methode, das Herz-Kreislaufsystem zu trainieren“, erklärt Prof. Oberhoffer-Fritz, Dekanin der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften. „Herzfrequenzgesteuert kann zudem das Ausmaß der körperlichen Leistung angehoben werden, ohne das kardiovaskuläre System zu überlasten. So können Steigung und Geh-Geschwindigkeit individualisiert werden und auch spontan Pausen eingelegt werden, wenn die Belastung subjektiv zu stark erscheint.“ Der plötzliche Herztod am Berg ist die Haupttodesursache von Männern im Alter ab 35 Jahren im Gebirge. Daher gilt es, durch innovative Ansätze Überanstrengungen am Berg zu vermeiden, präventiv auf kardiovaskuläre Risikofaktoren aufmerksam zu machen und auch im Vorfeld einer Wanderung die Route bestmöglich nach der persönlichen Fitness der Teilnehmer_innen zu planen.
Unter Berücksichtigung der Alpenregion sollen bestehende Wanderwege zu Themenwegen gestaltet und digital neu kartographiert werden. Neben der gewohnten Beschreibung der Wege anhand von Länge, Höhenmetern, Beschaffenheit oder Dauer sollen bei den neuen Wegen auch die kardiovaskulären Belastungsintensitäten gekennzeichnet werden.
„Die Grundidee war es, die Wege mittels tragbarer Technologie, also sogenannten Wearables, auszumessen und als grüne, rote und orange Belastungszonen zu kennzeichnen. Anschließend sollen sie in der Karte dann je nach Zone farblich unterlegt werden“, erläutert Projektleiterin Dr. Birgit Böhm, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie. „Diese farbliche Unterlegung muss dann natürlich an die Herzfrequenz der Wanderer angepasst werden. Das ist aufgrund vieler einfließender Faktoren wie Geländebeschaffenheit, Gehgeschwindigkeit und Fitnesszustand der Person sehr komplex und wird im Rahmen der beschriebenen Multicenterstudie erarbeitet sowie mathematisch modelliert.“
Die persönliche Leistungsfähigkeit wird mittels mobiler Spiroergometrie, der Messung der Atmungsleistung unter den Bedingungen einer Belastung, auf dem Laufband sowie auf einem Wanderweg ermittelt. Dadurch können individuelle Herzfrequenz- sowie Trainingsbereiche definiert werden.
„Insgesamt sollen 72 gesunde Studienteilnehmer_innen auf deutscher und österreichischer Seite in die Studie aufgenommen werden“, so Dr. Birgit Böhm. Deshalb sucht der Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie derzeit noch Teilnehmer_innen ab 45 Jahren ohne relevante Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, der Lunge sowie der Leber oder Niere, Diabetes mellitus oder orthopädische Erkrankungen mit Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Der Body-Mass-Index (BMI) sollte unter 35 kg/m2 liegen. Zudem sollte Trittsicherheit ohne Wanderstöcke bestehen.
Proband_innen erhalten einen kostenlosen kardiologischen Check-up inklusive Herzultraschall, eine kostenlose Leistungsdiagnostik auf dem Laufband, sportwissenschaftliche Erkenntnisse über ihren aktuellen Fitnesszustand und auf Wunsch individualisierte Trainingsempfehlungen. Ab dem Frühjahr 2021 werden geführte generationsübergreifende Cardio-Wanderungen stattfinden, um das mathematische Modell zu verifizieren. Bei Interesse kann Dr. Birgit Böhm direkt per E-Mail kontaktiert werden.
Zum Flyer des Projekts „Connect2Move: Wandern mit Herz“
Zur Homepage des Lehrstuhls für Präventive Pädiatrie
Kontakt:
Prof. Dr. Renate Oberhoffer-Fritz
Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24571
E-Mail: renate.oberhoffer(at)tum.de
Dr. Birgit Böhm
Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24577
E-Mail: birgit.boehm(at)tum.de
Text: Romy Schwaiger
Fotos: „Connect2Move“/Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie